Politik

„Kein Hunger bis 2030“ erfordert Transformation unserer Ernährungssysteme

Viel zu viele Menschen leiden noch immer an Hunger. Bereits vor der Corona-Pandemie reichten die weltweiten Fortschritte in der Hungerbekämpfung nicht aus. Der diesjährige Welthunger-Index zeigt, dass sich die Situation im Krisenjahr 2020 noch verschlimmert hat: Die derzeitigen globalen Ernährungssysteme sind weder krisenfest noch gerecht oder nachhaltig. 

Der Welthunger-Index (WHI) 2020 verdeutlicht, dass der weltweite Hunger seit dem Jahr 2000 zwar sukzessive zurückgegangen ist, die Fortschritte jedoch vielerorts zu gering sind. In vielen Ländern hat sich der Trend sogar umgekehrt und die Situation ist wieder schlechter geworden. Diese Länder und Regionen sind besonders anfällig für eine Verschärfung der Ernährungsunsicherheit durch die diesjährigen Gesundheits-, Wirtschafts- und Umweltkrisen.

Wir sind nicht auf Kurs, um das Ziel „Kein Hunger bis 2030“ zu erreichen

Selbst vor der Corona-Pandemie reichten die weltweiten Fortschritte in der Hungerbekämpfung nicht aus, um “Kein Hunger bis 2030”, das zweite der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung, zu erreichen. Der WHI zeigt, dass mindestens 37 Länder auf Grundlage ihrer jüngsten Entwicklungen bis 2030 wahrscheinlich nicht einmal niedrige Hungerwerte erreichen werden. In mehreren Ländern ist der Hunger heute noch schlimmer als im Jahr 2012. Dies ist auf Konflikte, Armut, Ungleichheit, Gesundheitskrisen und den Klimawandel zurückzuführen. Im Krisenjahr 2020 hat sich die Situation noch verschlimmert. Global betrachtet ist die Hungersituation zwar als mäßig einzustufen, doch über 50 Länder weisen weiterhin eine ernste oder sehr ernste Hungersituation auf. Es leiden immer noch zu viele Menschen an Hunger: Fast 690 Millionen Menschen sind unterernährt; 144 Millionen Kinder leiden unter Auszehrung, einem Zeichen für akute Unterernährung; 47 Millionen Kinder leiden unter Wachstumsverzögerung, ein Zeichen für chronische Unterernährung; und im Jahr 2018 starben 5,3 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, in vielen Fällen in Folge von Unterernährung. Besonders besorgniserregend ist die Situation in Afrika südlich der Sahara und Südasien.

Wir müssen Ernährungssysteme umgestalten, um das Menschenrecht auf Nahrung zu gewährleisten

Die Corona-Pandemie hat viele Schwachstellen der derzeitigen globalen Ernährungssysteme offengelegt, die nicht mehr ignoriert werden können. Sie sind weder krisenfest noch gerecht oder nachhaltig. Unser Handeln wirkt sich zunehmend negativ auf unseren Planeten aus – etwa durch Bodendegradation, Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust – und unsere Ernährungssysteme sind Teil des Problems. Vielen ländlichen Gemeinschaften, indigenen Völkern, Frauen und Randgruppen fehlt es an sicherem Zugang zu Land und landwirtschaftlicher Bildung. Und mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist im Krisenfall nicht sozial abgesichert. Um das Recht auf eine ausreichende und gesunde Ernährung für alle zu gewährleisten und den weltweiten Hunger zu beenden, ist ein integrierter Ansatz der Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung erforderlich. Der Schlüssel liegt darin, ein gesundes und gerechtes Ernährungsumfeld mit fairen und auskömmlichen Einkommen für kleinbäuerliche Landwirt*innen zu schaffen. Unsere Ernährungssysteme müssen fair, gesund und umweltfreundlich sein, um einerseits die aktuellen Krisen zu bewältigen, sowie andererseits weitere Gesundheits-und Ernährungskrisen zu vermeiden – und letztlich einen Weg zu finden, den weltweiten Hunger bis 2030 zu beenden.


Zum Welthunger-Index

Der Welthunger-Index (WHI, auf Englisch: Global Hunger Index, GHI) misst und vergleicht jährlich die Ausprägung von Hunger und Unterernährung in der Welt, verschiedenen Regionen und einzelnen Ländern. Er soll zu einer stärkeren Wahrnehmung und einem besseren Verständnis des Kampfes gegen den Hunger führen und lenkt die Aufmerksamkeit auf jene Weltregionen, in denen zusätzliche Ressourcen am dringendsten benötigt werden, um den Hunger zu beenden.

Hunger ist komplex und hat viele Dimensionen. Daher setzt sich der Index aus vier Indikatoren zusammen und berücksichtigt damit über die reine Verfügbarkeit von Kalorien hinaus auch die Qualität und Verwertung der Nahrung. Diese Indikatoren sind Teil eines Indikatorsets, welches zur Fortschrittsmessung im Hinblick auf die Agenda für nachhaltige Entwicklung genutzt wird. Weitere Informationen zu den Ergebnissen, der Berechnung des Index und zur Situation in einzelnen Ländern, sowie den Gesamtbericht zum Download finden Sie unter: www.globalhungerindex.org