Politik

Prävention von Terrorismusfinanzierung – Welche Rolle spielen NRO bei der Prüfung Deutschlands? 

Im Kampf gegen die Finanzierung von Terrorismus untersucht ein internationales Prüfteam der Financial Action Task Force derzeit Deutschland. Was hat es damit auf sich und warum ist die FATF-Prüfung für Nichtregierungsorganisationen relevant? 

Mit abscheulichen Gewalttaten, Einschüchterungen und Hass bedrohen terroristische Vereinigungen den Frieden und die Sicherheit der Bevölkerung auf der ganzen Welt. Im Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung ist die Financial Action Task Force (FATF) eine der einflussreichsten Institutionen weltweit.  

Die zwischenstaatliche Institution mit derzeit 39 Mitgliedern  darunter auch Deutschland  wurde im Jahr 1989 zur Prävention von Geldwäsche gegründet. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde ihr Mandat auf die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung ausgeweitet. Die FATF setzt internationale Standards, verbreitet Erfahrungswissen und begleitet die Umsetzung und Prüfung der notwendigen rechtlichen, regulativen und operationalen Maßnahmen. Sie führt regelmäßige Länderprüfungen durch (die sogenannten „Mutual Evaluations“). Dabei untersucht die FATF die Umsetzung ihrer Empfehlungen und gibt länderspezifisch konkrete Hinweise zur besseren Umsetzung. 

Deutschland wird derzeit von der FATF geprüft – was hat es damit auf sich? 

Deutschland wird von September 2020 bis Oktober 2021 durch ein internationales Prüfteam der FATF auf die Umsetzung der Empfehlungen geprüft. Der letzte Check fand 2010 statt (Bericht der FATF). Im Rahmen der Prüfung legt die deutsche Bundesregierung dar, welche Risiken für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bestehen und welche Maßnahmen Deutschland ergreift, um diesen Risiken zu begegnen. Dies wurde unter anderem durch die im Jahr 2019 veröffentlichte Nationale Risikoanalyse vorbereitet. Nach Einreichung der Berichte an die FATF finden im März 2021 Vor-Ort-Besuche des Prüfteams statt. Die FATF-Prüfer_innen veröffentlichen dann einen Bericht mit Empfehlungen für die bessere Prävention von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche. Diese Empfehlungen erzeugen –  das hat die Vergangenheit gezeigt – politischen Handlungsdruck und werden in Gesetze und Regulierungen übersetzt. 

Zivilgesellschaft gerät weltweit unter Druck – welche Auswirkungen hat die FATF-Prüfung auf NRO? 

Gesetze, Regulierungen und Verwaltungsvorschriften zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche können direkte und indirekte Auswirkungen darauf haben, wie NRO ihrer Arbeit nachgehen können – wenn dadurch beispielsweise Überweisungen ins Ausland schwieriger und teurer werden oder Registrierungsvorschriften und Meldepflichten verschärft werden. Hier zeigt sich weltweit eine bedenkliche Entwicklung: Mit Verweis auf eine stärkere Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurden in einigen Ländern in den vergangenen Jahren restriktivere NRO-Gesetze beschlossen, die zivilgesellschaftliche Handlungsräume massiv einschränken. Die Studie „The Impact of International Counter-Terrorism on Civil Society Organisations“ von Brot für die Welt von 2017 liefert einen Überblick über die Auswirkungen der Terrorismusbekämpfung auf zivilgesellschaftliche Organisationen. 

Die FATF sieht Geldflüsse in und durch gemeinnützige Organisationen als potenzielle Quelle für die Finanzierung von Terrorismus an. Von den 40 FATF-Empfehlungen bezieht sich die Recommendation 8 auf gemeinnützige Organisationen (NPO). 

Bis 2016 stufte die FATF alle gemeinnützigen Organisationen pauschal als „besonders anfällig“ für Missbrauch ein. In der Folge führten FATF-Prüfungen häufig zu restriktiven NRO-Gesetzen und einer Überregulierung des NRO-Sektors. Auf Druck der Zivilgesellschaft erkennt die FATF mittlerweile an, dass die wichtige und legitime Arbeit von NRO nicht durch eine Überregulierung behindert werden darf und verlangt einen risikobasierten Ansatz. Die Länder sind angewiesen, Maßnahmen gezielt an Organisationen und Bereiche mit einem erhöhten Risiko zu richten. Zur Vorbereitung der FATF-Prüfung beschäftigt sich die Bundesregierung also auch mit einer detaillierten Risikoanalyse für den NRO-Sektor. 

Wie groß ist das Risiko der Terrorismusfinanzierung und was tun NRO, um es zu minimieren? 

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die Zivilgesellschaft eine aktive Rolle in der Umsetzung der Länderprüfung einnehmen kann. Das internationale Netzwerk Global NPO Coalition on FATF engagiert sich in diesem Bereich. In Deutschland setzt sich VENRO gemeinsam mit Mitgliedern und Expert_innen aus dem Bündnis für Gemeinnützigkeit für die Interessen der Zivilgesellschaft im Prozess der Länderprüfung ein und führt einen Dialog mit den zuständigen Ministerien der Bundesregierung. 

2019 haben wir eine Umfrage unter NRO durchgeführt, um herauszufinden, wie NRO das Risiko selbst einschätzen und was sie tun, um es zu minimieren. Wir haben die Ergebnisse ausgewertet und analysiert, inwieweit die Empfehlungen der FATF mit Bezug zu NRO in Deutschland umgesetzt werden. Die Studie kommt insgesamt zu dem Ergebnis, dass Gesetze und Regulierungen für den NRO-Sektor in Deutschland die Empfehlungen der FATF erfüllen. Insbesondere hebt der Bericht die hohe Professionalität und Selbstregulierung hervor. Die wichtigsten Erkenntnisse der Umfrage sind: 

1) Es gibt ein Risiko, aber es ist niedrig. 

Das Risiko der Terrorismusfinanzierung für NRO wird von einer klaren Mehrheit der 450 Teilnehmenden der Umfrage als sehr niedrig bis niedrig eingeschätzt, sowohl für ihre eigene Organisation als auch für den Sektor insgesamt. Verglichen mit anderen Risiken wie Geldwäsche, Bestechung und Betrug schneidet Terrorismusfinanzierung als das von NRO am niedrigsten empfunden Risiko für die eigene Organisation ab.  

2) NRO minimieren ihre Risiken. 

NRO sind auf Spendengelder und ehrenamtliches Engagement angewiesen. Die Bereitschaft zu spenden oder sich zu engagieren hängt maßgeblich vom Vertrauen in die Organisation ab. Deshalb unternehmen professionelle NRO viel, um jegliche Fehlverwendung ihrer Mittel zu verhindern. Dazu gehören eine robuste Finanzverwaltung und je nach Tätigkeitsfeld auch gezielte Risikoanalysen. 

In unserer Umfrage gaben NRO an, verschiedene Maßnahmen und Good Practices zur Prävention von Missbrauch umzusetzen. Eine Mehrheit der befragten NRO hat sich freiwilligen Verpflichtungen zu Transparenz und Good Governance (wie etwa dem VENRO-Verhaltenskodex, derInitiative Transparente Zivilgesellschaft oder dem DZI-Spenden-Siegel) angeschlossen. Viele NRO prüfen standardmäßig ihre Partnerorganisationen und Begünstigten oder führen Risikoanalysen durch. 

3) Maßnahmen der Regierung sind überwiegend wirksam. 

Die befragten NRO schätzen die Maßnahmen der Regierung zur Prävention von Terrorismusfinanzierung überwiegend als wirksam ein. Jedoch sind viele Maßnahmen, insbesondere zur Sensibilisierung von NRO und Unterstützung im Umgang mit Risiken, nur wenigen bekannt. Besorgnis erregt, dass unter den bekannten Maßnahmen, einige als einschränkend empfunden werden. Besonders Auflagen im internationalen Zahlungsverkehr werden von weltweit tätigen NRO als sehr einschränkend empfunden. 


Der Bericht steht Ihnen in unserer Mediathek zum Download zur Verfügung.