Politik

Alle reden von Engagement, aber was ist eigentlich gemeint?
Ein Debattenbeitrag für mehr Sichtbarkeit von globalem Engagement im Inland

Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre sowie die multiplen Krisen, mit denen die Menschen nun spürbarer konfrontiert werden, haben das Engagement verändert. Es sind neue Formen und Möglichkeiten hinzugekommen und andere finden weniger Zuspruch als früher. Ehrenamtliche Strukturen mit funktionalen Ämtern haben es vielerorts schwer, Nachwuchs zu finden. Die Bereitschaft für punktuelles oder projektbezogenes Engagement ist jedoch nach wie vor hoch. Engagement ist aber spontaner, flexibler und dadurch auch vielfältiger geworden. Hinzugekommen sind neue Betätigungsfelder wie digitales Engagement und Kampagnen, die auch den Charakter ehrenamtlicher Arbeit verändert haben. Dieses sind positive Entwicklungen; Fortschritte, die aber auch neue Rahmenbedingungen brauchen.

Das hat auch die Bundesregierung erkannt und einen partizipativen Prozess für eine Engagement-Strategie des Bundes auf den Weg gebracht. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat im Juni eine Strategie zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit in und aus Deutschland veröffentlicht. Zivilgesellschaftliches Engagement hat dadurch in diesem Jahr besondere Beachtung bekommen. In Bezug auf das Eine-Welt-Engagement stellen wir jedoch fest, dass sich – unter anderem aufgrund einer fehlenden bundesweiten Datenlage – keine spezifischen Aussagen darüber treffen lassen, wie umfassend und vielfältig das Engagement in diesem Bereich eigentlich ist. Dies führt zu fehlender Sichtbarkeit und Anerkennung von globalem Engagement im Inland. Das BMZ hat sich in seiner Strategie dem Vorhaben verschrieben, „die empirische Datenlage zu bürgerschaftlichem Engagement (zu) verbessern“ (S. 31 Print). Die Unter-Arbeitsgruppe Engagement sieht darin eine positive Entwicklung.

VENRO und seine Mitgliedsorganisationen treten für die Förderung und Sichtbarmachung von globalem zivilgesellschaftlichem Engagement ein. Das zeigt sich insbesondere in der Arbeit der Unter-Arbeitsgruppe Engagement, welche sich in den letzten Jahren mit verschiedenen Bereichen des Engagements beschäftigt hat. Unter anderem mit der Frage, was ist eigentlich das Merkmal dieses Engagements und worauf zielt globales zivilgesellschaftliches Engagement ab? Das Selbstverständnis in der UAG-Engagement erkennt Engagement in seiner Vielfältigkeit an und soll auf die Überwindung der Trennlinien zwischen globalem Norden und Süden hinarbeiten. Das heißt für die UAG-Engagement auch, globales zivilgesellschaftliches Engagement zielt darauf ab, transnationale Begegnung zu ermöglichen sowie gemeinsame zivilgesellschaftliche Handlungs- und Lernräume zu eröffnen, durch die Macht- und Ausbeutungsverhältnisse intersektional, solidarisch und global bekämpft werden. Gemeinsam können wir uns für dieses Ziel einsetzen und durch das Zusammenarbeiten von ehrenamtlichen, hauptamtlichen, lokal und global Engagierten Wandel bewirken.

Ein Beispiel der Kindernothilfe zeigt, wie die allgemeinen Veränderungen sich auf die Organisationen auswirken. Noch vor einiger Zeit gab es in der Kindernothilfe das „Team Ehrenamt“. „Ehrenamt“ bildet aber nur einen Teil der Arbeit der Engagierten in der Kindernothilfe ab und betont einzelne ortsgebundene Tätigkeiten. Daher haben sie sich dort in „Team Engagement“ umbenannt. In der Umbenennung steckt die Anerkennung der Vielfältigkeit freiwilliger Mitarbeit in NRO. Als VENRO-Mitgliedsorganisationen versteht sich die Kindernothilfe als Teil einer globalen Bewegung zur Überwindung globaler Ungleichheit und weltweiter Armut. Als wichtiger Stützpfeiler ist das Engagement für die „Eine Welt“ oder „Entwicklungspolitik“ zu betrachten, denn in der Globalisierung handeln bedeutet auch „Glokales“ handeln – lokale Handlungen haben globale Auswirkungen. Seit jeher werden die Nichtregierungsorganisationen dabei von Engagierten unterstützt. Das reicht von der Betreuung von Informationsständen, über ein Ehrenamt in einem Weltladen bis zur Beteiligung in einem Jugendbeirat oder einer Kampagne.

Dieses Engagement setzt sich für politischen Wandel hin zu einer global gerechteren Welt ein und zeigt sich oftmals auch in einer Haltung im Alltag. Ein weiter gefasster Begriff vom „Globalen Engagement“ bildet die Arbeit von Engagierten bei entwicklungspolitischen NRO viel besser ab, erkennt die Vielfalt von lokalen Handlungen mit globalen Auswirkungen an und verschreibt sich der Förderung all dieser. Dieses Beispiel hebt hervor, wie durch kleine Veränderungen die Vielfalt von Engagement Anerkennung findet. Die Offenheit für Vielfalt und Kooperationen wird dadurch sichtbarer. Es verdeutlicht, dass in globalem Engagement nicht nur die einzelne Tätigkeit steckt, sondern auch die dahinterliegende Grundhaltung des voneinander Lernens und des (Ver)Lernens dominierender Strukturen.