Politik

Anders als geplant: Der Alternativgipfel von Abidjan wird massiv von Sicherheitskräften behindert

Eigentlich sollte es am dritten Tag des zivilgesellschaftlichen Gipfels Forum Citoyen um die Fertigstellung der Abschlusserklärung gehen. Doch dann verhinderte die ivorische Polizei eine friedliche Konferenz – ohne Angaben von Gründen und ausgerechnet mithilfe von EU-gesponsorten Einsatzwagen. Ein Augenzeugenbericht aus Abidjan.

Am dritten und letzten Tag des Bürgerforums von Abidjan wurde alles anders als geplant. Die ersten Teilnehmenden, die an der Arbeitsbörse von Abidjan im Stadtteil Treichville ankamen, waren überrascht, eine massive Polizeipräsenz vorzufinden. Die bereits gereizt wirkenden Einsatzkräfte teilten mit, dass die Konferenz der Zivilgesellschaften Afrikas und Europas annulliert worden sei und das sie „von oben“ den Befehl erhalten hätten, jede Ansammlung von Menschen zu verhindern. Dies würde auch konsequent durchgeführt werden.

Interessanterweise waren unter den Teilnehmenden viele Menschen aus anderen Ländern und nur wenige, die direkt aus der Elfenbeinküste kamen. Es gelang nur bedingt, einen Dialog mit den Polizist_innen zu initiieren. Spätestens als immer mehr Einsatzwagen zum Veranstaltungsort kamen und die Polizei damit begann, nicht nur den Eingang des Geländes, sondern auch die komplette Straße zu räumen, wurde klar: An einen schönen Abschluss der dreitägigen Konferenz an diesem für die schwachen ivorischen Gewerkschaften so wichtigen Ort war nicht mehr zu denken.

Ironie dieser Geschichte: Auf allen Polizeiautos, die genutzt wurden, um die Meinungsfreiheit der Teilnehmenden zu unterdrücken, fand sich ein interessanter Hinweis auf die Kooperation der EU mit der Elfenbeinküste wieder – Ivorische Polizei: Geschenk der Europäischen Union. Die Ivor_innen haben sich geschämt, dass ihr Land sogar Polizeiautos von der EU bekommen muss. Was aber viele Menschen interessanter fanden, war der Umstand, dass im Vorfeld eines AU-EU-Gipfels zum Thema Investitionen in die Jugend für eine nachhaltige Zukunft europäische Autogeschenke benutzt werden, um die Meinungsfreiheit junger Afrikaner_innen zu unterdrücken, die an diesem Tag zahlreich vertreten waren. Wenn die EU denkt, mit dieser Art von „Hilfe“ Fluchtursachenbekämpfung zu betreiben, lebt sie in einer Scheinwelt – denn es ist genau diese Art von Aufrüstung der Sicherheitskräfte, welche für Unterdrückung eingesetzt wird, die wiederum junge Menschen in die Flucht treibt.

„Kirchenasyl“ bei den Katholiken

Ein Alternativplan musste also her, um die Konferenz noch zu Ende bringen zu können. Kurzerhand wurde beschlossen, in das katholische Pastoralzentrum CERAO auszuweichen – das sich quasi am anderen Ende von Abidjan befindet. Trotz der Schwierigkeit, in dem entstandenen Chaos alle Interessierten zu informieren und Transportmöglichkeiten zu organisieren, fanden sich am Nachmittag etwas mehr als 100 Menschen am neuen Veranstaltungsort ein.

Hier ging es nur noch darum, die Abschlusserklärung, die in den zwei vergangenen Tagen von einem ausgewählten Team progressiv redigiert wurde, vorzulegen und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Nach einem kurzem Austausch wurde die Abschlusserklärung schließlich von allen Delegierten angenommen. Die Erklärung thematisiert alle wichtigen Themen, die die Beziehungen zwischen afrikanischen und europäischen Staaten prägen: Migration, Handel, Rohstoffpolitik, Investitionen – aber auch die Belastung durch die Kolonialgeschichte. Sie endet mit Empfehlungen, die nicht nur an die afrikanischen Länder und die EU adressiert sind, sondern auch die Zivilgesellschaften selbst in ihren jeweiligen Kontexten in die Pflicht nehmen.