Politik

Erfolgreiche Humanitäre Hilfe: Mit kleinen, aber stetigen Schritten

Dr. Tom Catena bei einer Behandlung in den Nuba-Bergen

Als im Juni 2011 der Krieg im Südsudan erneut ausbrach, wurde für die Aktion Canchanabury aus Entwicklungszusammenarbeit plötzlich Krisenhilfe. Sechs Jahre unterstützte die VENRO-Mitgliedsorganisation den einzigen vor Ort verbliebenen Arzt, Dr. Tom Catena. Vor einem Monat wurde diesem nun der renommierte Aurora-Preis verliehen – seitdem fördert Dr. Catena die Aktion Canchanabury.

Oft fragt man sich im Bereich der Humanitären Hilfe ja schon, welche Erfolge überhaupt vorzuweisen sind. In Zeitungen, Fernsehen oder Internet sehen wir ausschließlich erschreckende, hoffnungslos machende und entmutigende Nachrichten. Über Krisen zu berichten ist natürlich richtig und wichtig, gleichzeitig aber auch selektiv. Denn oft werden sogar ganze Krisenregionen konsequent nicht einmal erwähnt – der Südsudan oder Jemen zum Beispiel; oder wann haben Sie das letzte Mal etwas über Somalia gehört?

Wir, eine kleine Hilfsorganisation aus dem Ruhrgebiet, stehen oft vor dem Problem und dem moralischen Dilemma, nicht nur schlechte Nachrichten nach außen zu kommunizieren, sondern eben auch die Fortschritte und die kleinen positiven Entwicklungen öffentlich machen zu wollen.

Aktuell sind wir in der Lage eine, zumindest zum Teil, gute Nachricht zu erzählen.

Ein Krankenhaus für 750.000 Menschen – ein Arzt

Die Aktion Canchanabury e.V. ist eine kleine NRO aus Bochum. Seit über 55 Jahren sammeln wir Spenden von privaten Förderern, um Gesundheits- und Bildungsprojekte auf dem afrikanischen Kontinent zu unterstützen. Im Jahr 2010 kamen wir über einen befreundeten Entwicklungshelfer mit dem Mother of Mercy Hospital in Kontakt. Dieses Krankenhaus liegt in den Nuba-Bergen, die geographisch und politisch zum Sudan gehören, jedoch ethnisch und kulturell eher dem Südsudan zuzuordnen sind. Das Hospital, das von der Diözese El Obeid errichtet wurde, ist das einzige funktionierende Krankenhaus in dieser schwer zugänglichen Region – ein Krankenhaus für ca. 750.000 Menschen. Wir hatten zusammen Großes vor. Gemeinsam wollten wir eine mobile Gesundheitsstation einrichten und Ausbildungsprogramme fördern. Doch auf die kurze Phase des Friedens und der Unabhängigkeit des Südsudans folgte am 05. Juni 2011 der erneute Ausbruch des Krieges.

Fast sämEingang Mother of Mercy Hospitaltliche ausländische Fachkräfte wurden evakuiert. Als einziger Arzt blieb der aus den Vereinigten Staaten stammende Doktor Tom Catena zurück. Bis heute. 400 bis 500 Patienten pro Tag, ca. 1.000 Operationen im Jahr und das seit sechs Jahren. Unermüdlich.

Für die Aktion Canchanabury wurde aus Entwicklungszusammenarbeit auf einmal Krisenhilfe. Das ist für eine Organisation unserer Größenordnung eine ziemliche Herausforderung. Wir sind kein Logistiker, wir haben kein großes Lager. Durch die Hilfe unserer vielen ehrenamtlichen Helfer war es uns jedoch möglich, inzwischen neun Container mit dringend benötigten medizinischen Hilfsgütern in die Nuba-Berge zu schicken.

Normalerweise fördern wir Projektpartner – plötzlich fördert ein Projektpartner uns

Am 28. Mai wurde Dr. Tom Catena nun in Jerewan der Aurora-Preis zur Förderung der Menschlichkeit überreicht, den die Aurora Humanitarian Initiative zum zweiten Mal in Erinnerung an die Überlebenden des armenischen Genozids verliehen hat. Mit dem Preis geht eine Förderung von „Dr. Tom“ in Höhe von 100.000 US-Dollar einher. Gleichzeitig durfte er drei Hilfsorganisationen benennen, unter denen eine weitere Summe von 1.000.000 US-Dollar aufgeteilt wird. Als einzige deutsche NRO war die die Aktion Canchanabury eine davon.

Diese Auswahl ist für uns natürlich eine große Ehre. Dass ein Menschenfreund wie Dr. Tom, der täglich unter größten persönlichen Risiken seiner Arbeit zur Hilfe der Nubas nachgeht – ungeachtet der Bombenabwürfe oder der Kämpfe am Boden –, unserer Organisation so vertraut, ist eine Auszeichnung für jedes Mitglied, sämtliche ehrenamtlichen HelferInnen, SpenderInnen und UnterstützerInnen.

Gleichzeitig ist es für uns eine Chance, auf diesen kaum beachteten Konflikt aufmerksam zu machen. Normalerweise fördern wir finanziell unsere Projektpartner. Jetzt fördert ein Projektpartner uns. Dr. Tom hat in einer Nachricht an die Aktion Canchanabury gesagt, dass er nicht erwartet, dass wir die Fördersumme an das Mother of Mercy Hospital entrichten. Im Gegenteil. Wir sollen weiter die Projekte fördern, die wir für sinnvoll erachten, wie wir es seit über 55 Jahren bereits tun. Sollen den Menschen helfen, die die Hilfe brauchen.

Welche Erfolge kann man also vorweisen? Unsere Arbeit beendet nicht den Grenzkonflikt zwischen dem Sudan und dem Südsudan. Die Menschen in den Nuba-Bergen leben weiter in großer Gefahr. Unsere Arbeit und die vieler weiterer NRO unterstützt Menschen wie Dr. Tom Catena, damit sie in ihrem unermüdlichen Einsatz direkte Humanitäre Hilfe leisten können. Durch die mit dem Aurora-Preis einhergehende Förderung der Projektarbeit der Aktion Canchanabury geht Dr. Tom Catenas Engagement weit über die Nuba-Berge hinaus.

Menschen wie Tom unterstützen zu können ist keine Arbeit. Es ist ein Privileg.


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