Politik

Globales Lernen: Internationale Erklärung soll zu nachhaltigerer und friedlicherer Welt beitragen

Nach einem einjährigen partizipativen Prozess einigte sich das europäische Bildungsnetzwerk GENE Anfang November auf die New Declaration on Global Education to 2050. Mit dieser Erklärung beschreiben die Unterzeichnerstaaten eine Vision von Globalem Lernen als Beitrag zu einer sozial- und klimagerechteren Welt in Frieden, Solidarität und Würde. Wie ist dieser Schritt aus zivilgesellschaftlicher Perspektive zu bewerten?

Am 3. und 4. November 2022 fand in Dublin Castle der European Congress of Global Education des Global Education Network Europe (GENE) statt. GENE ist ein europäisches Netzwerk von Ministerien und Durchführungsorganisationen im Bereich Globales Lernen mit Mitgliedern aus 25 Ländern. Aus Anlass des zwanzigsten Jahrestages der Maastrichter Erklärung zum Globalen Lernen bis 2015 verabschiedeten die staatlichen Teilnehmer_innen aus vielen europäischen Ländern die New Declaration on Global Education to 2050.

Diese Erklärung ist in einem einjährigen partizipativen Prozess mit europäischen Ministerien und Durchführungsorganisationen, Kommunen sowie Vertreter_innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft entstanden. Zusätzlich dazu gab es eine Gruppe von global critical friends aus Asien, Afrika und Lateinamerika. Zur Verabschiedung dieser Erklärung veranstalteten die federführenden Außenministerien aus Irland und Luxemburg den European Congress of Global Education, an dem über 300 Teilnehmer_innen der oben genannten Stakeholdergruppen teilnahmen.

Worum geht es in der New Declaration on Global Education to 2050?

Mit der neuen Erklärung beschreiben die unterzeichnenden Länder eine Vision des Beitrags von Globalem Lernen zu einer sozial- und klimagerechteren Welt in Frieden, Solidarität, Gleichheit und Würde; eine Welt die Diversität respektiert, inklusiv ist, die Menschenrechte achtet und ein gutes Leben für alle möglich macht. Qualitatives Globales Lernen könne dafür eine wichtige Rolle spielen.

Auch aktualisieren die Unterzeichnerstaaten den Kontext, die Herausforderungen und Chancen des Globalen Lernens. Sie definieren ihr Verständnis von Globalem Lernen und nehmen Bezug auf die Agenda 2030, die Nachhaltigen Entwicklungsziele und dort auf das Ziel 4, speziell das Ziel 4.7.

Die Erklärung stellt fest, dass seit der Maastrichter Erklärung zum Globalen Lernen in vielen Ländern große Fortschritte gemacht wurden: So gibt es etwa mehr Förderung, zudem wurden Lehrpläne in vielen Ländern beeinflusst und Aspekte des Globalen Lernens aufgenommen. Gleichzeitig erkennen die Unterzeichner_innen an, dass der globale Kontext für das Globale Lernen immer komplexer wird. Dazu tragen die neuen geopolitischen Herausforderungen, der fortschreitende Klimawandel und auch die sich einschränkenden Handlungsräume für die Zivilgesellschaft bei.

Neu in der Erklärung ist die Feststellung der „transformativen Kraft“ des Globalen Lernens in allen Bereichen des formalen, non-formalen und informellen Lernens, dass „lebenslang und lebensweit“ stattfinden und wirken soll.

Mit der Erklärung verpflichten sich die Unterzeichner_innen ­- also im wesentlichen Ministerien und Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit – zu stärkeren Beiträgen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene sowie zu größerer Kohärenz. Mehrfach wurde betont, dass es Ziel sei, „from good to better and from many to all” zu kommen. Für die Umsetzung dieser Beiträge soll auch ein Überprüfungsmechanismus eingerichtet werden.

Wie bewertet VENRO die neue Erklärung?

Zunächst ist es immer zu begrüßen, wenn sich staatliche Akteur_innen auf ministerialer Ebene zur Unterstützung des Globalen Lernens bekennen und stärkere Beiträge zusagen. Das in der Erklärung ausgedrückte transformative Verständnis, das nicht nur auf individuelle Veränderungen, sondern auf die Transformation von Strukturen zielt, ist angesichts der erkannten und beschriebenen Herausforderungen fällig und zeitgemäß. Auch der über das Jahr 2030 hinausgehende Horizont beweist eine besondere Weitsicht und Mut, sich vom vorherrschenden und schon direkt vor der Tür stehenden Jahr 2030 als Fokus zu lösen.

Gleichzeitig ist es natürlich interessant, dass neben der Agenda 2030 nicht deutlicher auch auf die BNE 2030 Agenda der UNESCO Bezug genommen wird, zu der sich viele Länder gerade im letzten Jahr mit der Berliner Erklärung bekannt haben. Es lässt leider vermuten, dass das eine Manifestation der fehlenden Kohärenz von Agenden und Politikbereichen ist, die eigentlich viel stärker zusammengedacht werden müssten.

VENRO wird, wie auch im Kontext der globalen Aspekte von Bildung für Nachhaltige Entwicklung, konstruktiv kritisch beobachten und einfordern, dass die Bundesregierung mit der Erklärung auch wirklich neue Beiträge zur Stärkung des Globalen Lernens leistet.


Jan Wenzel leitet bei VENRO den Bereich Stärkung der Zivilgesellschaft.