Politik

Vier Jahre Agenda 2030: Die Politik ist am Zug

Graphic Recording im Rahmen der Transformationskonferenz 2019

Im Jahr 2015 wurde die Agenda 2030 mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG) verabschiedet. Vier Jahre später ist die Bilanz der bisherigen Umsetzung ernüchternd. Im neuen SDG-Report untersuchen wir, was die Bundesregierung tut, um die Umsetzung der Agenda voranzubringen. Ein Überblick

Der Bericht des UN-Generalsekretärs António Guterres zum Stand der Umsetzung der Agenda 2030 stellt zwar Fortschritte in manchen Bereichen fest, aber die Armutsreduzierung verlangsamt sich. Das Ziel der vollständigen Beseitigung der absoluten Armut bis zum Jahr 2030 droht nicht erreicht zu werden. Der Vorsatz, den Hunger in der Welt zu beenden, liegt ebenfalls in weiter Ferne: Die Zahl der Menschen, die unter Hunger leiden, ist von 785 Millionen im Jahr 2015 auf 822 Millionen im Jahr 2018 angestiegen. Und auch die Trends bei weiteren SDG, wie der Verringerung von Ungleichheit, Gesundheit, Geschlechtergerechtigkeit oder Bekämpfung des Klimawandels geben Anlass zur Besorgnis.

Was aber unternimmt Deutschland, was tut die Bundesregierung, um die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele sowohl bei uns als auch weltweit voranzubringen? Dieser Frage geht der Bericht “Vier Jahre Agenda 2030: Die Politik ist am Zug” nach, den elf zivilgesellschaftliche Verbände und Netzwerke gemeinsam herausgegeben haben. Ein kurzer Überblick:

Dr. Bernd Bornhorst (VENRO) und Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung) nehmen für den Kreis der Herausgeber eine Bestandsaufnahme von vier Jahren Umsetzung der Agenda 2030 in Deutschland vor. Diese bleibt noch weit hinter den Erfordernissen zurück. Unser Wirtschaftsmodell und unser Lebensstil konterkarierten in vielen Bereichen die globalen Nachhaltigkeitsziele. Auch die Umsetzung der im Jahr 2016 neu aufgelegten Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie gibt Anlass zur Sorge. Wenn die Ziele noch erreicht werden sollen, ist ein politisches Umsteuern in allen relevanten Sektoren notwendig. Die Voraussetzungen dafür sind günstig, denn die Bereitschaft zu mehr Nachhaltigkeit findet sich in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Drei Autor_innen befassen sich mit der internationalen, der ökologischen und der sozialen Dimension der Agenda 2030, die eng miteinander verbunden sind.

Marc Engelhardt (freier Korrespondent bei der UN in Genf) betrachtet das internationale Umfeld und konstatiert eine zunehmende Schwächung des Multilateralismus und ein Erstarken nationalistischer Kräfte. Die globalen Herausforderungen lassen sich jedoch nur durch eine verstärkte und verbesserte internationale Zusammenarbeit angehen. Ermutigend sind Beispiele internationaler zivilgesellschaftlichen Kooperationen, die es gilt auszubauen. Angesichts eines schwindenden Multilateralismus müsse Deutschland in Fragen wie der geordneten Migration, dem Einsatz gegen den Klimawandel oder der Eindämmung von Krisen und Konflikten mit gutem Beispiel vorangehen.

Christiane Grefe (Journalistin und Buchautorin) nimmt die ökologische Dimension in den Blick. Die ärmeren Länder leiden am meisten unter den Folgen der globalen Erderwärmung, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen haben. Die Folgen des Klimawandels gefährden Erfolge bei der Armutsbekämpfung und führen zur Zunahme von Hunger und Unterernährung. Für die deutsche Politik sieht die Autorin die Notwendigkeit eines „Nachhaltigkeits-Fünfkampfs“, den es zu gewinnen gilt. Dieser besteht aus Energiewende, Verkehrswende, Gebäudewende, Finanzierungswende und Agrarwende.

Anja Krüger (taz) behandelt die soziale Dimension der Agenda 2030 mit den zentralen Zielen Menschenwürdige Arbeit und Soziale Sicherheit. Bei den Themenfeldern Gute Arbeit, Bezahlbarer Wohnraum, Digitalisierung sowie angemessene Soziale Sicherungssysteme sieht sie erheblichen politischen Handlungsbedarf. Denn der Kampf gegen Armut und für soziale Sicherheit ist nicht nur in der Entwicklungszusammenarbeit erforderlich, sondern auch hier. Was die soziale Dimension der SDG betrifft, ist die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung enttäuschend.

Abschließend stellen Vertreter_innen der Bewegung „Fridays for Futur“ ihre Vorstellung von einer klimaneutralen Welt vor. Die technischen Mittel dafür sind vorhanden. Ein schneller Kohleausstieg, eine Verkehrswende und eine CO2-Steuer sind möglich. Nun ist es an der Politik, das Ruder herumzureißen.

Der SDG-Report 2019 belässt es nicht bei der Analyse und Darstellung, warum die Umsetzung der Agenda 2030 so schwer in die Gänge kommt. Er bietet in vielen Bereichen konkrete Vorschläge, was zu tun ist, damit die Bewegung für nachhaltige Entwicklung weiter an Fahrt gewinnt. Wir freuen uns daher über eine große Leser_innenschaft.


Gelegenheit, um den Bericht kennenzulernen und darüber zu diskutieren, bietet eine Veranstaltung, die die Herausgebenden am 4. November ausrichten.

Den vollständigen SDG-Report können Sie hier herunterladen.