Ein von VENRO begleitetes Forschungsvorhaben geht der Frage nach, was entwicklungspolitische Inlandsarbeit bewirken kann. Inwieweit sind die Modelle und Methoden aus dieser Studie auch für die Auslandsarbeit nutzbar?
Welches Wirkungsverständnis ist bei Bildungsprojekten im Inland angemessen, welche Faktoren können eine wirksame Inlandsarbeit befördern? Mit diesen Fragestellungen setzt sich die von VENRO begleitete Wirkungsstudie „Wirkungsorientierung in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit“ auseinander.
Doch was können wir aus der Studie für die Projektarbeit im Ausland mitnehmen? Darüber diskutierten Mitarbeitende entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen im März 2019 auf einem Workshop, der mit einigen spannenden Ergebnissen endete. Diese stellen wir in diesem Artikel kurz vor.
Was ist überhaupt eine Wirkung?
Die Teilnehmenden diskutierten intensiv. Einige Ergebnisse wurden kritisch hinterfragt, so beispielsweise die Definition von Wirkungen. Sind kognitiver Wissenserwerb, Sensibilisierung und Reflexion auf Seiten der Zielgruppen etwa bereits Wirkungen? Oder sprechen wir erst dann davon, wenn dem Wissen Taten folgen? Im Kern ging es hier auch um die Frage, welche Ziele mit entwicklungspolitischen Projekten verfolgt und erreicht werden können. Denn in Auslandsprojekten sprechen wir eindeutig erst dann von Wirkungen, wenn wir Verhaltensänderungen erkennen.
Wissen führt nicht immer zu Veränderung
Wir möchten mit entwicklungspolitischen Auslandsprojekten positive Veränderungen bei den Menschen im Globalen Süden bewirken. Doch was passiert, wenn wir durch unsere Bildungsmaßnahmen diese gar nicht erreichen können? Dies ist eine Erkenntnis der Studie: Sie besagt, dass es bei Lehr- und Lernprozessen keine „Durchgriffslogik“ von Maßnahmen auf Wirkungen gibt. Diese Annahme liegt vielen Wirkungslogiken zu Grunde. Es handelt sich dabei jedoch vielmehr um komplexe, selbstreferentielle Lernprozesse. Das heißt zum einen, dass Kenntnisse über bestimmte Sachverhalte bei Lernenden nicht zwangsläufig zu einer Verhaltensänderung führen. Zum anderen sind Lernerfolge nicht unbedingt unmittelbar sichtbar und messbar. Für die Teilnehmenden war dies eine interessante neue Erkenntnis und sollte zukünftig auch in Auslandsprojekten mitgedacht werden.
Wie betroffen sind die Zielgruppen?
Aufgrund der direkten Betroffenheit der Zielgruppen sei es in Auslandsprojekten möglicherwiese einfacher, Wirkungen in Form von Verhaltensänderungen zu erreichen als bei Bildungsarbeit im Inland, vermuteten die Teilnehmenden. Um dies zu veranschaulichen ein sehr vereinfachtes Beispiel: Eine Informationsveranstaltung über die Rechte von Kindern an Schulen könnte dort wirksamer sein, wo Lehrende gewaltvoll mit Schüler_innen umgehen, da die Kinder in diesem Fall unmittelbar betroffen sind. Vielleicht seien die Fridays For Future-Demonstrationen weltweit so erfolgreich, weil die Schüler_innen sich von der Klimakrise betroffen fühlten, so eine Teilnehmerin.
Gute Trainer bewirken viel
Die in der Studie vorgeschlagenen Modelle betrachten verschiedene Einflussfaktoren auf Wirkungen – etwa der Kontext, in dem die Maßnahme eingebettet ist oder die Rolle von Referent_innen bei Bildungsmaßnahmen. Es geht daher nicht nur um die Lerninhalte, sondern vielmehr darum, wie sehr die Trainer_innen es schaffen, eine gute Beziehung zu den Teilnehmer_innen aufbauen. Die persönliche Motivation der Zielgruppen ist ein weiterer Einflussfaktor: Wie gut sie das Erlernte umsetzen, hängt demnach davon ab, mit welcher Haltung und Motivation die Zielgruppen schon vor einer Bildungsveranstaltung den Inhalten begegnen.
Einflussfaktoren in Zukunft mitdenken
Ein Ergebnis des Workshops ist, dass diese Einflussfaktoren insbesondere in der wirkungsorientierten Planung von Projekten noch stärker berücksichtigt und hinterfragt werden sollten.
Die Studie ist ab sofort online erhältlich unter www.waxmann.com/buch3923. Um die Studienergebnisse gemeinsam zu reflektieren und daraus zu lernen, wird VENRO weitere Workshops anbieten und Anleitungen zur Umsetzung wirkungsorientierter Ansätze für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit im Inland erarbeiten.
Die Ergebnisse stammen aus einem Workshop der VENRO-Arbeitsgruppen Wirkungsorientierung und Kofinanzierung mit der Referentin Susanne Höck, Co-Autorin der Studie.
Katharina Stahlecker / Lili Krause | VENRO |