Politik

Die Welt ist reicher geworden, aber nicht die „Eine Welt“

Im Interview zum 25-jährigen Jubiläum zieht der VENRO-Vorstandsvorsitzende Dr. Bernd Bornhorst ein Resumeé zum Thema Gerechtigkeit, betont die Vorteile gemeinsamer Arbeit unter dem Dach von VENRO und blickt auf die Schwerpunkte von Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe in den kommenden Jahren.

In diesem Monat begeht VENRO sein 25-jähriges Jubiläum. Die Gründungsorganisationen schlossen sich zusammen mit dem Ziel „ihren Beitrag für mehr Gerechtigkeit in der einen Welt zu verstärken“. Ist VENRO das gelungen?

Einen Beitrag zu leisten, ist uns mit Sicherheit gelungen. Wir haben die Entwicklung von den Millenniumszielen zur Agenda 2030 aktiv mitgestaltet und bei der Bekämpfung extremer Armut Erfolge verzeichnen können. Tatsächlich ist die Welt heute viel reicher als vor 25 Jahren. Aber eben nicht die „Eine Welt“ – sondern nur ein kleiner Teil von ihr in Nord und Süd. Der ungeheure Reichtum, der angehäuft wurde, konzentriert sich auf eine Minderheit und geht zu Lasten der Ausbeutung von Menschen und Natur. Der Unterschied zwischen arm und reich – zwischen und in den Ländern – wird immer größer statt kleiner. Das ist beschämend, vor allem wenn man bedenkt, dass alle Mittel vorhanden sind – und nicht nur die finanziellen –, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Stattdessen können wir mit Blick auf die nachhaltigen Entwicklungsziele kaum Erfolge erkennen und werden aktuell durch die Corona-Pandemie vermutlich um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Ist das ein Grund zu resignieren?

Keinesfalls. Das ist für uns im Gegenteil ein Grund mehr, unsere Kräfte zu bündeln und unsere gemeinsamen Anstrengungen im Kampf gegen Armut und globale Ungerechtigkeiten zu verstärken.

Sind VENRO und seine Mitgliedsorganisationen dafür gut aufgestellt?

Inzwischen haben sich 141 Organisationen unter dem Dach von VENRO vereinigt – große wie kleine, kirchliche wie private, aus der Entwicklungszusammenarbeit, humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Inlandsarbeit. Es macht uns stark, dass wir vielfältig sind, auch in unseren Methoden und Instrumenten. Denn genau das brauchen wir: einen vielschichtigen Ansatz von der Projektarbeit bis zur Lobbyarbeit auf allen politischen Ebenen. Im Verband werden die unterschiedlichen Kompetenzen gebündelt. Wir sprechen mit einer Stimme und erhalten so mehr Gewicht im politischen Geschehen. Einheit in der Vielfalt – darin liegt unsere Stärke.

Was hat sich VENRO für die kommenden Jahre vorgenommen?

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit wird im kommenden Jahr sicher die Bundestagswahl sein. Wir werden den Parteien aufzeigen, was weltweit wichtig ist, und uns dafür stark machen, dass sie die Umsetzung der Agenda 2030 als zentrale Aufgabe zukunftsfähiger Politik vorantreiben. Nationalen Egoismen, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung werden wir uns entschieden entgegenstellen. Zugleich wollen wir die Debatte über ein alternatives Wirtschaftsmodell ohne Wachstumszwang wieder stärker in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit rücken. Das Ziel muss ein Wirtschaftssystem sein, das ein menschenwürdiges Leben für alle ermöglicht, ohne die begrenzten Ressourcen unseres Planeten zu überfordern.


Lesen Sie mehr über #25JahreVENRO auf der Sonderseite zu unserem Jubiläum.