Im zweiten VENRO-Mentoring-Programm ist zu Jahresbeginn 2022 die Hälfte der Laufzeit vorüber. Pünktlich zum Bergfest ziehen wir eine Zwischenbilanz und schmieden Pläne für die Zukunft.
Zur Halbzeit beim zweiten Mentoring-Programm berichtet die große Mehrheit der Mentees von einem fruchtbaren und erkenntnisreichen Austausch mit ihren Mentor_innen. Die Gespräche im Tandem empfinden sie als vertrauensvoll und inspirierend. Einzelne Mentees sprechen von eigenen Entscheidungen, die maßgeblich durch den Austausch mit ihrem_r Mentor_in angeregt wurde. Auch die Mentor_innen nehmen nach eigenen Aussagen viel mit aus den Gesprächen. Sie beschreiben ein gegenseitiges Lernen.
Warum braucht der Verband ein Mentoring-Programm?
Wer mit der Debatte um Gender, Inklusion und Rassismus vertraut ist, weiß: Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft spiegelt sich auch in den Institutionen wider. Das gilt auch für den Non-Profit-Sektor und die Verteilung der Führungspositionen im Verhältnis zur gesamten Belegschaft. An den Spitzen gibt es weniger Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen (FLINT) mit oder ohne andere Diskriminierungserfahrungen aufgrund von Behinderungen, Alter oder Rassismus. Das ist nichts, was in allen Facetten regelmäßig erhoben wird, dennoch liegt es auf der Hand. Und es gibt ein steigendes Bewusstsein dafür. Das Mentoring-Programm von VENRO setzt da an, wo sich Personen finden, die hierzu etwas voranbringen möchten.
Was sind die Eckdaten des Programms?
Das Mentoring-Programm startete im Mai 2020 mit einem Pilotprogramm. Seit September 2021 läuft nun die zweite Auflage. Dieses Mal gibt es 16 Tandems, zusammengesetzt aus 32 Personen aus 24 Mitgliedsorganisationen. Es handelt sich um ein schlankes Programm, das neben einer Auftakt- und Abschlussveranstaltung für alle gemeinsam nach der Hälfte der Laufzeit für die Mentor_innen und die Mentees separat Bergfeste sowie zwei weitere Austauschtreffen nur für die Mentees umfasst. Die Hauptarbeit findet in individuellen Treffen in den Tandems statt. Für die Teilnahme bezahlen die Mentees keine Gebühren; die Arbeit der Mentor_innen ist ehrenamtlich. Das Mentoring-Programm wird fachlich beraten durch das Spinnen-Netz. Die Geschäftsführerin, Dr. Antje Schultheis, gestaltet seit über zwölf Jahren Mentoring-Programme mit. Das Programm entstand auf Initiative der VENRO-AG Gender und wird bis heute von ihr begleitet.
Wie funktioniert das Mentoring-Programm?
Es bringt Menschen zusammen, die sich mit sich damit befassen, wie gute Personal- und Teamführung gestaltet sein sollte. Selbstverständlich haben viele Mentees auch persönliche Lernziele, die sie einbringen – etwa eine langfristige berufliche Perspektive entwickeln, Klarheit über Ziele und Stärken erlangen und das eigene Netzwerk ausbauen. Diese und weitere Ziele haben die Mentees mit ihren Mentor_innen zu Beginn des Programms im Tandem verabredet. Im Laufe der Zeit treten Herausforderungen zu Tage, mit denen sich die Mentees konfrontiert sehen. Ganz oben auf der Liste stehen dabei Fragen wie diese:
- Wie positioniere ich mich als junge Führungskraft innerhalb und außerhalb meiner Organisation? Wie gelingt das in Pandemie-Zeiten, wo wenige Sitzungen in Präsenz stattfinden?
- Wie gelingt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, oft in Teilzeit und angesichts der Pandemie mit wenig Planungssicherheit durch teilweise fehlende Betreuung der Kinder?
- Wie gehe ich mit Führungsaufgaben um, die „on top“ zu meinen Alltagsaufgaben hinzugekommen sind?
Weitere Herausforderungen ergeben sich beispielsweise aus Projektfinanzierungen, Generationen- und Strukturwechsel.
Was berichten Mentees und Mentor_innen?
Die Gespräche mit den Mentor_innen „bieten Raum für Reflexion“, „helfen, eine Strategie zu entwickeln“ und „haben viel ausgelöst“. Es seien sowohl „der wohlwollende Blick von außen“ als auch „Ratschläge, die den Stein ins Rollen bringen“. Den Austausch mit den Mentees empfinden sie als „sehr ehrlich, hilfreich und ermutigend“. Er fördere einen Prozess der „Bewusstwerdung, dass Positionierung essentiell ist. Dies kam erst über den Austausch mit den Mentees in Kombination mit Mentoring selbst“.
Auch die Mentor_innen geben positives Feedback: „Das Lernen ist gegenseitig – wir profitieren beide davon. Und meine Mentee vermittelt mir das Gefühl, dass ich etwas von meiner Erfahrung weitergeben kann, das ist für mich auch sehr befriedigend.“ Sie berichten von Erkenntnissen, die sie auch für ihre eigene Arbeit als Führungskraft mitnehmen: Zum Beispiel wie relevant Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter_innen sind, verbunden mit einem modernen Verständnis von der positiven Wirkung von Fortbildungen. Das Programm biete ihnen die Möglichkeit, ihr eigenes Netzwerk zu erweitern und die eigenen Fragen zu guter Führung zu reflektieren. Sie würden dafür sensibilisiert, wie unterschiedlich die Bedingungen von Frauen und Männern bzw. von Müttern und Vätern ist, die in ihrer eigenen Organisation aufsteigen wollen. Ein_e Mentor_in spricht sogar vom Wunsch, auch für die eigene Organisation ein Mentoring-Programm zu imitieren.
Ausblick
Alle Mentees freuen sich auf den weiteren Austausch untereinander. Für April ist ein digitales Treffen verabredet. Vielfach wurde das Anliegen geäußert, auch nach dem Programm in einem Alumna-Netzwerk in Kontakt zu bleiben. Zuletzt bleibt der Wunsch aller, sich zumindest zur Abschlussveranstaltung Ende Juni in Präsenz treffen zu können!
Anke Scheid | VENRO |