Politik

Der SDG-Gipfel zur Halbzeit der Agenda 2030: Die Richtung stimmt, der Drive noch nicht

Die Abschlusserklärung zum SDG-Gipfel der Vereinten Nationen in New York wurde nach Drohungen einiger Länder, die Verabschiedung zu verweigern, schließlich angenommen. Letztlich bestätigen die UN-Mitglieder darin, was sie schon in den Jahren davor beschlos­sen hatten. Positive Entwicklungen gab es allerdings mit Blick auf Finanzierungsfragen:

Bei den UN-Mitgliedstaaten scheint sich ein Konsens herauszubilden, dass eine Reform des internationalen Finanzsystems, ein fairer Entschuldungsmechanismus und mehr öffentliche Mittel wichtige Voraussetzungen sind, um die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) zu erreichen. Viele Länder sprachen sich für Finanzreformen aus, die besser auf die Bedürfnisse der Länder im Globalen Süden ausgerichtet sind. Auch wurde die Notwendig­keit betont, mehr in die soziale Sicherheit zu investieren.

Beim hochrangingen Dialog zu Entwicklungsfinanzierung im Anschluss an den SDG-Gipfel wurde deutlich, dass öffentliche Mittel noch gezielter eingesetzt werden müssen, um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die Entwicklungsfinanzierung, insbesondere auch die Klimafinanzierung, müssen stärker vor dem Hintergrund der Schuldenkrise diskutiert werden.

Beim SDG-Gipfel stellte UN-Generalsekretär António Guterres seinen SDG-Stimulus-Plan vor. Konkret stellt er drei Forderungen:
1. Rund 500 Milliarden US-Dollar müssen jährlich über multilaterale Entwicklungsbanken für nachhaltige Entwicklung mobilisiert werden.
2. Die Schuldenkrise muss angegangen werden, wozu es unter anderem eines effektiven Entschuldungsmechanismus bedarf.
3. Es braucht eine Reform der internationalen Finanzarchitektur.

Die Bundesregierung hat 12 Schlüsselbeiträge für den SDG-Gipfel identifiziert. Dabei sind allerdings keine neuen Maßnahmen, um die globalen Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. Die Bundesregierung hob hervor, dass sie eine Reform der internationalen Finanz­architektur, vor allem der Weltbank, unterstützt. Sie plant, der Weltbank 300 Millionen Euro Kapital zur Verfügung zu stellen, um Investitionen zu fördern. Außerdem will die Bundesregierung gezielt Kooperationsabkommen zu erneuerbaren Energien eingehen.

Die Europäische Union begrüßte den vom UN-Generalsekretär vorgeschlagenen SDG-Stimulus-Plan zur Finanzierung der Agenda 2030. Darüber hinaus mahnte sie eine Reform der multilateralen Entwicklungsbanken an. Sie betonte die Notwendigkeit, durch „de-risking“ privates Kapital für Investitionen zu gewinnen und Entwicklungsländer bei der Schaffung von Green Bonds zu unterstützen.

Den Vorschlägen der EU liegt die Annahme zugrunde, dass durch den Einsatz öffentlicher Mittel hohe Summen an privaten Investitionen mobilisiert werden können. In seiner entwicklungspolitischen Wirkung ist dieses Vorgehen äußerst umstritten. Studien haben gezeigt, dass eine öffentliche Förderung privater Investitionen keine armutsmindernde Wirkung haben.

Die Afrikanische Union (AU) betonte, dass die Umsetzung der Agenda 2030 auf dem afrikanischen Kontinent durch eine Reihe externer Schocks zurückgeworfen wurde. Dazu gehören insbesondere die Covid-Pandemie und der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Die AU will über ihre Agenda 2063 dazu beitragen, die SDG zu erreichen und dafür mehr Ressourcen zu mobilisieren. Die Gruppe der 77 + China hoben ebenso wie der UN-Generalsekretär, die EU und die Bundesregierung die Notwendigkeit hervor, das internationale Finanzsystem zu reformieren. Besonders kritisierten sie die teuren Kredite für Entwicklungsländer, die Investitionen in nachhaltige Entwicklung verhindern.

Viele Entwicklungsländer sind hoch verschuldet – bei multilateralen Entwicklungsbanken, bilateralen Geber_innen und auf dem freien Kapitalmarkt. Es braucht dringend ein strukturiertes, inklusives internationales Entschuldungsverfahren, in das Gläubiger aber auch die multilateralen und alle bilateralen Geber_innen eingebunden sind. China ist mittlerweile einer der größten Gläubiger auf dem afrikanischen Kontinent. Seine Kreditvergaben sind völlig intransparent und Schuldenerlasse werden kaum gewährt.

Aus VENRO-Sicht ist es erfreulich, dass sich der internationale Diskurs wieder stärker auf strukturpolitische und damit wirtschafts- und finanzpolitische Fragestellungen fokussiert. Wir hatten uns im Vorfeld des SDG-Gipfels dezidiert für eine grundlegende Reform des internationalen Finanzsystems und die Stärkung der öffentlichen Entwicklungsfinanzie­rung für Soziale Sicherheit, Ernährungssicherheit, Gesundheit und Klima ausgesprochen. Für uns bedeuten die Ergebnisse des Gipfel: Wir müssen unsere Handlungsempfehlungen für nachhaltige Entwicklung verstärkt in den politischen Raum einbringen – auf nationaler, EU- und internationaler Ebene.