Politik

„Wir werden unsere Probleme nur gemeinsam lösen“

Um Armut und Hunger weltweit zu bekämpfen und nachhaltiger leben und wirtschaften zu können, braucht es in vielen Politikfeldern neue Weichenstellungen: Im Interview erklärt VENRO-Vorstandsvorsitzender Dr. Bernd Bornhorst die Hintergründe der Bundestagswahl-Aktion #weltweitwichtig.

Dr. Bernd Bornhorst, mit der Aktion #weltweitwichtig macht VENRO auf globale Missstände aufmerksam und zeigt auf, was jetzt weltweit wichtig ist. 1,5 Milliarden Menschen leben in Armut, 690 Millionen Menschen leiden unter Hunger. Was kann die künftige Bundesregierung dagegen unternehmen?

„Deutschland hat viele Möglichkeiten, Armut und Hunger weltweit zu bekämpfen und eine nachhaltige Entwicklung voranzubringen. Wir haben das vierthöchste Bruttoinlandsprodukt der Welt. Diese wirtschaftliche Kraft und den damit verbundenen politischen Einfluss muss die neue Bundesregierung nutzen, um die Ausbeutung von Menschen und Natur weltweit zu stoppen. Dies ist ein Gebot der Menschlichkeit, aber auch eine Überlebensfrage für die gesamte Menschheit.“

VENRO fordert, die Ausgaben für die Armuts- und Hungerbekämpfung mindestens in der aktuellen Höhe beizubehalten. Ist das realistisch angesichts des aktuellen Schuldenbergs?

„Die große Koalition hat es geschafft, in der Pandemie die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe auf einen historischen Höchststand zu steigern. Um sich als eine verlässliche Partnerin in der Weltgemeinschaft zu zeigen und angesichts der enormen Herausforderungen, die vor uns liegen, darf die neue Bundesregierung nicht hinter das Erreichte zurückfallen. Damit einkommensschwache Länder überlebenswichtige Ausgaben tätigen können, braucht es zudem einen spürbaren Schuldenerlass. Viel Geld geht den Entwicklungsländern durch Korruption und Steuerflucht verloren. Die neue Bundesregierung muss sich für eine UN-Steuerkonvention einsetzen und Schlupflöcher für Steuerhinterziehung und illegale Finanzflüsse schließen.“

Ist die Bekämpfung von globaler Ungerechtigkeit allein eine Frage des Geldes?

„Nein, in zahlreichen Politikfeldern brauchen wir andere Weichenstellungen, damit wir nachhaltiger leben und wirtschaften. Veraltete Geschäftsmodelle, die die Klimakrise befeuern, Menschenrechte verletzen oder Sozial- und Umweltstandards unterlaufen, dürfen nicht länger geduldet oder gar gefördert werden. Geld spielt aber auch hierbei eine Rolle. Gerade mit Blick auf die immensen Summen, die in Deutschland und Europa aktuell für die Bewältigung der Pandemie ausgegeben werden, ist eine nachhaltige Investitionspolitik von entscheidender Bedeutung. Diese Gelder müssen den sozialen und ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft voranbringen.“

Seit 2010 hat sich die Zahl der Menschen auf der Flucht verdoppelt. Auch darauf machen Sie mit der #weltweitwichtig-Aktion aufmerksam. Was muss passieren, damit niemand mehr gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen?

„Die Gründe, weshalb Menschen aus ihrer Heimat fliehen, sind sehr vielfältig. Kriege und langandauernde Konflikte tragen entscheidend dazu bei. Die neue Bundesregierung muss daher der Friedenspolitik mehr Bedeutung beimessen. Statt auf eine weitere Militarisierung der Außenpolitik zu setzen, braucht es zivile Expert_innen für Frieden und Konflikttransformation. In eklatantem Widerspruch dazu stehen die weiterhin umfangreichen deutschen Rüstungsexporte. In der nächsten Legislaturperiode muss die Bundesregierung ein striktes Rüstungsexportkontrollgesetz auf den Weg bringen.“

In einem Satz, Herr Bornhorst: Was ist Ihnen #weltweitwichtig?

„Mir ist eine Politik weltweit wichtig, die auf globalen Ausgleich und Gerechtigkeit ausgerichtet ist. Wir werden unsere Probleme nur gemeinsam lösen.“