Politik

Die Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft ist #weltweitwichtig

Seit ungefähr zehn Jahren beobachten wir weltweit einen schleichenden, aber kontinuierlichen Niedergang von demokratischen Prinzipien und Menschenrechten. Diese Entwicklung hat sich durch die Corona-Pandemie weiter verstärkt. Umso wichtiger ist es, dass sich die Bundesregierung für eine lebendige und unabhängige Zivilgesellschaft einsetzt.

Im vergangenen Jahr – in den vergangenen Monaten, Wochen und Tagen – nahmen in Hong Kong, Belarus, Myanmar und Afghanistan Freiheitsrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Frauenrechte dramatisch und sichtbar für die Weltöffentlichkeit ab. Doch bereits seit ungefähr zehn Jahren beobachten wir und unsere Partner_innen weltweit einen schleichenden, aber kontinuierlichen Niedergang von demokratischen Prinzipien und Menschenrechten: Davon sind auch die Menschen in so bevölkerungsreichen Ländern wie Bangladesch, Brasilien, Ägypten, Indien und Indonesien, Mexiko, Nigeria sowie den Philippinen und der Türkei betroffen. Noch vor einiger Zeit schien der Siegeszug der Demokratien auf der ganzen Welt gewiss. Seit den 1970er-Jahren wuchs die Zahl der Demokratien auf der ganzen Welt. Vor allem in den 1990er-Jahren erlebten wir eine nie dagewesene weltweite Demokratisierungswelle.

Maßnahmen sollen Kritiker_innen mundtot machen

Inzwischen erfahren demokratische soziale Bewegungen und unabhängige zivilgesellschaftliche Organisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Vereine, Initiativen, Menschen- und Frauenrechtsverteidiger_innen, Aktivist_innen für Umweltschutz, gegen den Klimawandel oder für sexuelle Minderheiten sowie unabhängige Blogger_innen und Journalist_innen immer mehr existentielle Bedrohungen. Diese Entwicklung hat sich durch die Pandemie und unverhältnismäßige Einschränkungen – wie dem systematischen Ausbau von Überwachung, Zensur oder Gewalt gegen Demonstrierende – verstärkt. Die Maßnahmen dienten oftmals nicht der Pandemieeindämmung, sondern sollten Kritiker_innen mundtot machen. Die Folge ist, dass in immer mehr Ländern Aktivist_innen ihr Engagement für eine bessere Zukunft mit ihrem Leben, ihrer Freiheit oder ihrer Gesundheit bezahlen und zivilgesellschaftliche Organisationen ihre wichtige Arbeit für Hilfsbedürftige oder für Menschenrechte nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr leisten können.

Dem Institut für Entwicklungs- und Friedensstudien INDEPAZ zufolge wurden allein im Jahr 2020 in Kolumbien 309 soziale Anführer_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen ermordet. Die Polizei reagierte auf die Welle von friedlichen Demonstrationen im Land, die im April 2021 wegen neuer Steuergesetze begann, mit dem Einsatz exzessiver, oft brutaler Gewalt – u.a. scharfer Munition. Laut Human Rights Watch sind allein bis Anfang Juni 2021 im Zusammenhang mit den Protesten 68 Menschen getötet worden, über  1.100 Personen wurden verletzt und weitere 1.200 verhaftet. Mehr als 400 Personen wurden bis Anfang Juni zudem als vermisst gemeldet.

Bundesregierung muss Menschenrechte aktiv und verbindlich schützen

Die Hauptursachen für den sogenannten Shrinking Space of Civil Society sind meist Konflikte um die politische und wirtschaftliche Macht: Politische Führungen versuchen, sich mit autoritären Mitteln an der Macht zu halten oder Missmanagement, Korruption und Klientelismus zu vertuschen bzw. zu ermöglichen. Das daraus resultierende Politikversagen und die soziale Unsicherheit tragen oft dazu bei, dass sich die unzufriedene Bevölkerung polarisiert, Identitätspolitik an Bedeutung gewinnt und fundamentalistische und extremistische Bewegungen entstehen bzw. erstarken.

Um Menschenrechte, ihre Verteidiger_innen und zivilgesellschaftliche Organisationen weltweit zu schützen, fordern wir, dass die Bundesregierung

  • die EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen konkretisiert und in allen deutschen diplomatischen Vertretungen systematisch und verbindlich umsetzt.
  • Visaverfahren für gefährdete Aktivist_innen erleichtert und Drittländer bei der Erstellung von Gesetzen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen unterstützt.
  • verbindliche Prüfverfahren wie menschenrechtliche Risikofolgenabschätzungen unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteur_innen einführt, die sicherstellen, dass außenpolitische Entscheidungen und Maßnahmen Deutschlands die Menschenrechte und die zivilgesellschaftlichen Handlungsräume fördern und nicht negativ beeinflussen.
  • sich in Regierungskonsultationen und -verhandlungen für den Schutz und die Partizipation einer lebendigen und unabhängigen Zivilgesellschaft einsetzt.

Dieser Artikel ist Teil unserer Themenreihe zur Bundestagswahl 2021, in der wir unsere Erwartungen für die kommende Legislaturperiode formulieren. Die Blogserie basiert auf unserem aktuellen Positionspapier Was jetzt #WeltWeitWichtig ist – Erwartungen an die Parteien zur Bundestagswahl 2021. Darin fordern wir die Parteien, die zukünftigen Abgeordneten und die kommende Bundesregierung auf, ihre Prioritäten auf eine nachhaltige Politik zu richten, die alle mitnimmt!

Lesen Sie mehr dazu unter www.weltweitwichtig.de.