Mehr denn je stehen Nichtregierungsorganisationen heute vor der Herausforderung, eigene Strategien zu hinterfragen und sich auf neue Aufgaben einzustellen. Wir haben Trends für die Arbeit deutscher NRO zusammengestellt und weisen auf damit zusammenhängende Chancen und Risiken hin.
Die Welt hat sich in den letzten Jahren radikal verändert, auch für Nichtregierungsorganisationen (NRO): Staaten schränken durch neue Gesetze den Handlungsspielraum von NRO vielerorts ein. Gleichzeitig erschweren Sicherheitsrisiken die Arbeit vor Ort. Im Kampf um Spenden und öffentliche Zuwendungen ist weiterhin Professionalisierung gefragt – sowohl der NRO im Norden als auch im Süden. Kleinere Organisationen haben oft das Gefühl, sie könnten da nicht mithalten. Aber auch größere NRO sehen ihr eigenes Geschäftsmodell zunehmend in Konkurrenz zu im Süden gegründeten, international agierenden Organisationen.
Armutsbekämpfung kann heute nicht mehr alleiniges Ziel von entwicklungspolitischen NRO sein – so das Fazit einer Umfrage von VENRO, wie Vorstände, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Programmverantwortliche ihre Organisation in die Zukunft führen. Die Ergebnisse sind in dem Diskussionspapier „Politischer, flexibler, krisenfester“ zusammengefasst. Zusätzlich beschreiben fünf VENRO-Mitgliedsorganisationen exemplarisch, wie sie und ihre Partnerorganisationen auf diese Herausforderungen reagieren.
Das sind die fünf zentralen Trends, die Sie kennen sollten:
- Shrinking Spaces – Partner im Süden unter Druck
Zunehmend erlassen Staaten überall auf der Welt Gesetze und bürokratische Hürden, die die entwicklungspolitische Arbeit von NRO behindern. In unserem Beispiel beschreibt Brot für die Welt, wie Willkür und Gängelung die Arbeit der Partnerorganisationen erschweren.
- Die politische Arbeit der NRO im Süden stärken
Projektarbeit, wie die Stärkung von Bildungseinrichtungen oder die Umsetzung von Gesundheitsstrategien, wird zunehmend um eine politische Komponente ergänzt. Oxfam erklärt die Logik dahinter: Um die strukturelle Benachteiligung von Farmarbeiterinnen in Südafrika zu bekämpfen, werden diese im Rahmen eines landwirtschaftlichen Projekts zur Existenzsicherung auch über ihre Arbeitsrechte aufgeklärt und darin unterstützt, sich zu organisieren und ihre Rechte einzufordern.
- Neue Aufgaben – neue Finanzierungsmodelle
NRO im Süden sind zunehmend weniger auf die fachliche und finanzielle Unterstützung von Organisationen aus Industrieländern angewiesen. Die deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe gibt einen Einblick, wie sie auf die abnehmende Spendenbereitschaft in ihrem Feld reagiert und wie die Organisation an diesen neuen Herausforderungen auch wachsen kann.
- Kooperationen mit der Privatwirtschaft
Mit der Suche nach neuen Geschäftsmodellen stellt sich für viele NRO vor allem die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Was ist dabei die Aufgabe der NRO? Südwind beschreibt, wie schwierig die Geradwanderung zwischen sinnvoller Zusammenarbeit und kritischer Kampagnenarbeit ist.
- Verstärkt in Krisenregionen an der Seite der Menschen
Immer mehr Entwicklungsprojekte werden in Regionen durchgeführt, in denen Krieg, Gewalt und andere Risiken die Helferinnen und Helfer bedrohen. Gerade politische Krisen sind außerdem zunehmend komplex und vielschichtig. Die Christoffel Blindenmission hat deshalb in den vergangenen Jahren ein Sicherheitskonzept entwickelt, welches mittlerweile in allen Projektregionen umgesetzt wird.
Das komplette Diskussionspapier mit den ausführlichen Darstellungen der Fallbeispiele können Sie hier herunterladen.
VENRO bietet eine Plattform für den Austausch zu diesen Themen. Im Rahmen des Projekts Qualität und Wirksamkeit bieten wir Ihnen Workshops und Fortbildungen an.
Jana Rosenboom | VENRO |