Auf der Staatenkonferenz GFMD diskutieren nahezu alle Länder der Erde über die Themen Migration und Entwicklung. Standen bislang ökonomische Nutzeneffekte im Vordergrund, wurde beim diesjährigen Treffen in Dhaka die Notwendigkeit eines Richtungswechsels deutlich.
„Global Governance“ und „Action“, das sind die beiden Schlagworte, die in den Debatten um Migration, Entwicklung und Menschenrechte auf dem 9. Global Forum on Migration and Development (GFMD) in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka wohl am häufigsten gefallen sind. Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Frage, wie internationale Wanderungsbewegungen so reguliert werden können, dass die Herkunfts- und Aufnahmeländer durch Migration profitieren. Ein schwieriges Unterfangen, wie sich herausstellte: Denn die jeweiligen Perspektiven auf Migration und Entwicklung und die politischen wie praktischen Herausforderungen sind mindestens genauso unterschiedlich, wie die Staaten, die darüber sprechen.
Das GFMD ist eine jährlich stattfindende Staatenkonferenz, die 2006 auf Initiative des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Anan ins Leben gerufen worden ist. Sie ist neben dem selteneren UN High Level Dialogue on Migration das einzige Forum, bei dem nahezu alle Staaten der Erde zu Migration und Entwicklung diskutieren. Sie tun dies allerdings, ohne verbindliche Beschlüsse zu treffen.
Umfangreicher Austausch zwischen Staaten und Zivilgesellschaft
Auf internationaler Ebene hat sich in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche zivilgesellschaftliche Vernetzungsarbeit zum GFMD entwickelt. Um das Staatentreffen herum sind feste Strukturen entstanden: Unmittelbar vor der Zusammenkunft der Staatenvertreter_innen waren in Dhaka zivilgesellschaftliche Dialoge geschaltet – die Civil Society Days, die formaler Teil des GFMD geworden sind, aber auch die Peoples‘ Global Action oder die International Assembly of Migrants and Refugees.
Auf diesen Treffen diskutierten Migrantinnen und Migranten, Vertreter_innen von Entwicklungs-NRO, Migrantenorganisationen und Menschenrechtsorganisationen die Agenda der Staaten vorab und entwickelten gemeinsame Positionen und Strategien, mit dem Ziel, die staatliche Politik menschenrechtsbasiert und an den Rechten und Interessen der Migrant_innen orientiert zu beeinflussen. Das Gastgeberland Bangladesch hat den gemeinsamen Dialog besonders großzügig gestaltet – Staatenvertretern und der Zivilgesellschaft standen ein voller Tag zum Austausch zur Verfügung.
Neue Herausforderungen für alle Akteure
Das GFMD in Dhaka folgte auf die jüngste UN-Entscheidung, bis 2018 zwei Global Compacts (Vereinbarungen) zum Umgang mit großen Flucht- und Migrationsbewegungen zu entwickeln. Es ist das erste Mal, dass sich die internationale Gemeinschaft auf gemeinsame Maßnahmen für die dringend notwendige Verbesserung der Situation von Geflüchteten und Migrant_innen verständigt.
Bislang hat sich das GFMD eher darauf konzentriert, die sich aus der Migration ergebenden ökonomischen Nutzeneffekte zu maximieren. Bei den Diskussionen in Dhaka wurde aber klar, dass sich das GFMD auch deutlicher als bisher mit den Zusammenhängen zwischen erzwungener Migration, den Folgen des Klimawandels, ungleichen Handelsbeziehungen, einem Mangel an Entwicklungsperspektiven und nicht verwirklichten Menschenrechten auseinandersetzen muss. Für die Zivilgesellschaft geht es nun darum, sich in die Aushandlungsprozesse einzubringen und hier menschenrechtliche Prinzipien so konkret wie möglich durchzusetzen.
Agenda für das GFMD 2017 in Berlin
Für die nächsten zwei Jahre hat die deutsche Bundesregierung gemeinsam mit Marokko den Vorsitz übernommen und wird im Juni 2017 Gastgeberin des GFMD in Berlin sein. Die Agenda wurde in Dhaka schon kurz vorgestellt: Im kommenden Jahr sollen die Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 sowie internationale Partnerschaften im Mittelpunkt stehen. Klare Akzente liegen auf den Aspekten der Rückkehr und der Rolle des Privatsektors.
VENRO wird sich als Koordinierungsstelle für die International Civil Society Days 2017 in diesem Sinne dafür einsetzen, dass das GFMD in Berlin einen konkreten Schritt hin zu einer Verbesserung der Situation von Migrant_innen darstellt und zur Entstehung der Global Compacts beiträgt.
Sophia Wirsching | VENRO / Brot für die Welt |