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Acht Fragen zu guter Vereinsführung, die sich jeder Vorstand stellen sollte

Eine starke Nichtregierungsorganisation (NRO) braucht eine funktionierende Struktur. Alle NRO stehen vor der Herausforderung, ihre Arbeit möglichst langfristig auszurichten, im Wettbewerb mit anderen Organisationen zu bestehen und Schaden von sich abzuhalten. Auch Spenderinnen und Spender, FörderInnen und ehrenamtlich Aktive haben ein Interesse daran, dass die von ihnen unterstütze Organisation möglichst sorgfältig und nachhaltig handelt. Um dies zu gewährleisten, ist es für NRO unerlässlich, sich von Zeit zu Zeit mit den eigenen Vereinsstrukturen zu beschäftigen. Ich möchte Ihnen daher an dieser Stelle die wichtigsten Aspekte der VENRO-Fortbildungsreihe „Gute Vereinsführung“ vorstellen, mit denen Organisationen ihre Vereinsstrukturen stärken können.

Immer wieder kann es vorkommen, dass ein Verein in große Schwierigkeiten kommt. Die Gründe dafür können vielfältig sein, bspw. eine Abwanderung von qualifiziertem Personal, Probleme bei der Mittelakquise oder ein Verlust von Kooperationspartnern. In vielen Fällen jedoch ist die Ursache dieselbe: eine Vereinsstruktur, die den Anforderungen an eine professionelle Arbeit nicht gerecht wird.

Bei VENRO veranstalte ich deshalb regelmäßig Fortbildungen zu „Guter Vereinsführung“, die von wechselnden Referentinnen und Referenten durchgeführt werden. Einer von Ihnen, Dr. Friedrich von Schönfeld, hat an der Bucerius Law School zum Thema Leitungs- und Kontrollstrukturen (Corporate Governance) im Dritten Sektor promoviert. Auf einer VENRO-Fortbildung schilderte er uns vor kurzem seine Sichtweise auf die Ursachen vieler Probleme im Vereinswesen. Im Kern, so Schönfeld, liegt der Ursprung oftmals in einer fehlenden Aufsicht von Leitungsstrukturen sowie  in mangelnder Transparenz über die Mittelverwendung.

Prof. Friedrich Vogelbusch, Wirtschaftsprüfer und Mitglied des Finanzausschusses von Brot für die Welt und ebenfalls Referent unserer Fortbildung, empfiehlt Vereinen deshalb: „Verlagern Sie die Aufsicht über Ihre Organisation ab einer gewissen Größe (spätestens ab einem Jahresumsatz von 10 Millionen Euro) von der Mitgliederversammlung in ein ehrenamtliches Aufsichtsorgan, um eine effektive und fachkompetente Aufsicht gewährleisten zu können. Denn die Mitgliederversammlung ist mit dieser Aufgabe häufig überfordert.“

Das von Vogelbusch empfohlene Aufsichtsorgan sollte drei bis viermal im Jahr tagen und sowohl eine beratende als auch eine kontrollierende Funktion für die Leitung bereitstellen. Wichtig ist dabei, dass die Umsetzung von Strategien sowie die Leitung der operativen Geschäfte von einer hauptamtlichen Leitung (bspw. einer Geschäftsführung) wahrgenommen werden und es kein „Mikromanagement“ seitens des ehrenamtlichen Aufsichtsorgans gibt.

Wie kann diese Struktur in der Praxis umgesetzt werden?

Zuerst einmal empfiehlt es sich, die Rollen und Zuständigkeiten schriftlich festzulegen, so Vogelbusch. Seine konkrete Empfehlung an die Fortbildungsteilnehmenden ist, einen Katalog genehmigungspflichtiger Geschäfte für das Leitungsorgan aufzustellen und die Kompetenzen des Aufsichts- und des Leitungsorgans in einer Geschäftsordnung klar aufzuzeigen. So können Zuständigkeiten abgegrenzt werden und die Rechenschaftslegung geregelt werden.

Gleichzeitig sollte sich die Vereinsführung intensiv mit dem VENRO-Verhaltenskodex zu Transparenz, Organisationsführung und Kontrolle vertraut machen. Dieser Kodex wurde 2008 von den VENRO-Organisationen als verbindliche Selbstverpflichtung für alle Mitglieder verabschiedet. In dem Dokument werden die wesentlichen Prinzipien guter Vereinsführung beschrieben.

Natürlich können solche Dokumente keine funktionierende Vertrauensbeziehung zwischen Aufsicht und Leitung ersetzten. Sie können aber dafür sorgen, dass bestehendes Vertrauen nicht leichtfertig verspielt wird.

Folgende acht Fragen sollten sich Vereinsmitglieder und Vorstände selbstkritisch stellen:

  1. Ist eine Trennung von Kontrolle und Leistung gewährleistet?
  2. Wird die Organisation ethisch verantwortbar, effizient und fachkompetent geführt?
  3. Wird die Öffentlichkeit über die Arbeit und Strukturen des Vereins ausreichend informiert?
  4. Ist die Kommunikation der Inhalte, Ziele und Ergebnisse eindeutig und konsistent?
  5. Wird ein Jahresbericht mit umfassenden Informationen über die Aktivitäten, Finanzen und Strukturen veröffentlicht?
  6. Werden alle Mittel zielorientiert, zweckmäßig und sparsam eingesetzt?
  7. Geht Ihre Organisation präventiv gegen Vetternwirtschaft und Korruption vor?
  8. Hat sich Ihre Organisation einer wirkungsorientierten Arbeitsweise verschrieben?

Stellen Sie auch Ihre Organisation auf den Prüfstand!

Im Service-Bereich der VENRO-Internetseite finden Sie ab sofort einen interaktiven Selbsttest, in dem sich jede gemeinnützige Organisation diesen acht Fragen stellen kann. Als kleine Belohnung bekommt jede Organisationen eine eigene Auswertung der Ergebnisse als PDF zugesandt, in der die eigenen Stärken und Schwächen aufgelistet sind.

Darüber hinaus bietet VENRO aber auch weiterhin ganz klassische Fortbildungen an. Wann und wo die nächsten Fortbildungen zu Vereinsführung stattfinden, können Sie ebenfalls in unserem Service-Bereich einsehen.

Als weitere Lektüre empfehle ich Ihnen das Handbuch Spendenwesen: Bessere Organisation, Transparenz, Kontrolle, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit von Spendenwerken, herausgegeben von Kurt Bangert.

Für kleinere oder in Gründung befindliche Vereine wird außerdem das Vereinswiki vom Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern e.V. hilfreich sein.

Bei Fragen zu NRO-Governance und den VENRO-Kodizes können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden.