Zu Beginn eines neuen Jahres ist es wieder für jeden Verein an der Zeit, über die Aktivitäten der vergangenen zwölf Monate zu reflektieren und diese zu dokumentieren. Am Ende soll dieser Rückblick in Form eines Jahresberichts veröffentlicht werden. Aber wie genau verfasse ich einen guten Jahresbericht?
VENRO hat sich zusammen mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) im Rahmen der Fortbildung „Transparenz und Rechenschaft: Was gehört in einen guten Jahresbericht?“ im Februar 2017 einen ganzen Tag mit dieser Frage beschäftigt. Die folgenden vier Schritte möchte ich Ihnen ans Herz legen:
Schritt 1: Vorbereitung – Form Follows Function
Zunächst sollten sich Geschäftsführung und Vorstände sehr genau überlegen, wer den Jahresbericht eigentlich lesen soll. Wenn es sich primär um ein Rechenschaftsdokument für den Vorstand und die Vereinsmitglieder handelt, darf der Jahresbericht auch trocken und sachlich sein. Wenn der Jahresbericht hingegen aktive und neue Unterstützerinnen und Unterstützer ansprechen soll, dann wird einiges mehr an Aufwand und Kreativität in einen solchen Bericht fließen müssen.
Um eine bessere Einschätzung darüber zu bekommen, wie die Arbeit einer Organisation transparent und verständlich dargestellt werden kann, schadet es nicht, einmal gute Jahresberichte anderer Organisationen durchzublättern. Inspiration verspricht diese Übersicht guter Beispiele des DZI.
Praktische Merkpunkte für den organisationsinternen Ablauf zur Erstellung eines Jahresberichtes hat INKOTA für Sie zusammengestellt.
Schritt 2: Vollständigkeit – Leitlinien und Standards beachten
Generell gilt: Ein guter Jahresbericht schafft Transparenz über
- Arbeitsweisen und Wirkungen (Ziele, Strategien, Projekte, Angebote),
- Mittelherkunft und –verwendung (Finanzberichterstattung, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung und Werbung) sowie
- die Organisationsstruktur (Besetzung der Vereinsorgane, Anzahl der Mitarbeitenden, Leitung und Aufsicht).
Für die VENRO-Organisationen sind die Anforderungen an Jahresberichte im Verhaltenskodex aufgelistet. Basierend auf diesen Anforderungen haben wir für Sie eine beispielhafte Struktur eines Jahresberichts erstellt. Hilfreich kann bei der Planung auch die Checkliste des DZI für einen aussagekräftigen Jahresbericht sein.
Für alle, die sich mit der komplexen Zahlenwelt der finanziellen Rechenschaftslegung schwer tun, empfehle ich, einen Blick auf das Projekt „Transparenz leicht gemacht“ des Deutschen Spendenrates zu werfen. Im Rahmen des Projektes werden kostenlose Beratungen von Wirtschaftsprüfer_innen angeboten.
Schritt 3: Verständlichkeit – Transparenz braucht einfache Sprache
Eine leicht verständliche Form und Sprache sind für die Transparenz mindestens so wichtig, wie vollständige Zahlen und Fakten. Versuchen Sie doch mal, jemandem Ihre Arbeit in 5 Minuten zu erklären, der Ihre Projekte und Ihre Organisation gar nicht kennt. Was möchten Sie dann erzählen? Was motiviert Sie? Worauf sind sie stolz? Was haben Sie erreicht?
Häufig sind wenige, aber dafür prägnante Sätze wirkungsvoller, als allzu viele Details und Prozessbeschreibungen. Auch sollten Sie darauf achten, mit einfacher Sprache zu kommunizieren und konkret zu schreiben. Vielleicht hilft Ihnen der folgende Leitfaden zu verständlichem Schreiben dabei weiter.
Besonders die Texte und Projektbeschreibungen sollten auf das Wesentliche gekürzt werden. Denn ein zu ausführlicher Projektbericht wird viele Leser_innen, die mit den Projekten nicht vertraut sind, schnell überfordern. Wichtige Informationen über Entscheidungsprozesse, Projektlogik, Wirkungen oder eine Übersicht aller Aktivitäten und Zielregionen können in Grafiken, Diagrammen oder Tabellen komprimiert dargestellt und auf einen Blick verständlich erklärt werden. Das spart den Leser_innen Zeit und Ihnen Papier. Für fortgeschrittene Layouter kann diese Präsentation mit Layoutbeispielen professioneller Jahresberichte hilfreich sein.
Schritt 4: Authentizität – Gewähren Sie einen Einblick
Ein guter Jahresbericht vermittelt ein authentisches Gefühl für eine Organisation und ihre Arbeitskultur. Besonders Fotos aus der täglichen Arbeit und von den Highlights des Jahres helfen dabei. Bilder aus den Projekten enthalten erste wichtige Informationen über Tätigkeiten und Zielgruppen, die beim Durchblättern ins Auge fallen. Um authentisch und nahbar zu berichten, sollten eigene Aufnahmen aus den Projekten stets gekauften Fotos vorgezogen werden. Auch Zitate von Mitarbeitenden und aus der Zielgruppe helfen Leser_innen zu verstehen, was Ihre Organisation und Ihren Arbeitsalltag ausmacht.
Zu einer authentischen Berichterstattung gehört auch eine selbstkritische Auseinandersetzung mit den Wirkungen. Eine besonders wichtige Frage ist: Wie haben Sie versucht, Ihre Wirkungen zu beobachten? Je nach Größe und Art eines Projektes können dafür sehr unterschiedliche Methoden angewendet werden. Berichten Sie auch im Jahresbericht darüber, für welche Methoden Sie sich entschieden haben. Auch hier gilt natürlich: Setzen Sie kein Fachwissen voraus. Die Leser_innen eines Jahresberichts wollen sich nicht mit technischen Details der Wirkungsmessung beschäftigen. Eine nachvollziehbare und ehrliche Einschätzung darüber, ob und welcher Beitrag zu einem positiven Wandel geleistet werden konnte, wird hingegen wohl jeden interessieren, der einen Jahresbericht aufschlägt. Auch Risiken für den Erfolg Ihrer Arbeit und Fehlschläge sind für Ihre Zielgruppe interessant. Denn ein Verständnis für Herausforderungen vermittelt den Leser_innen auch ein Gefühl dafür, in welchem anspruchsvollen und komplexen Umfeld Sie sich engagieren.
Einen praxisnahen Leitfaden über Wirkungsberichterstattung und sogar eine Berichtsvorlage erhalten auf den Seiten des Social Reporting Standard (SRS). Eine kurze Einführung zum Schreiben von Jahresberichten nach diesem Standard finden Sie hier.
Weitere Hinweise:
Wir bieten zu diesem Thema regelmäßig Webinare und Fortbildungen an. Die konkreten Termine sowie unser gesamtes Fortbildungsangebot finden Sie auf der VENRO-Webseite unter der Rubrik Service. Die Termine werden fortlaufend aktualisiert.
Lukas Goltermann | VENRO |