Politik

Finanzierung nachhaltiger Entwicklung: „Elements Paper“ solide Grundlage mit Luft nach oben

Die internationale Financing for Development Konferenz (FfD4) soll im kommenden Jahr die klaffende Finanzierungslücke bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 schließen. Bereits vorab haben die Vereinten Nationen erste Schritte zu einer gerechteren und nachhaltigeren Entwicklungsfinanzierung in einem Paper festgehalten. Aus VENRO-Sicht braucht es aber in drei Bereichen wesentlich ehrgeizigere Reformen.

Ende November veröffentlichten die Vereinten Nationen (United Nations, UN) das „Elements Paper for the Outcome Document of the Fourth International Financing for Development Conference (FfD4)”. Aus zivilgesellschaftlicher Sicht legt die Staatengemeinschaft mit dem ersten Entwurf der Inhalte und möglicher Konferenzergebnisse eine solide Grundlage für die Verhandlungen im Rahmen der 4. Internationalen Konferenz für Entwicklungsfinanzierung vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla. Der erste Entwurf der Abschlusserklärung, der sogenannte „Zero Draft“, soll im Januar 2025 veröffentlicht werden.

Die Ergebnisse von FfD4 müssen dazu beitragen, die klaffende Finanzierungslücke bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 zu schließen. Die internationale Finanzarchitektur muss zudem für Länder aus dem Globalen Süden inklusiver gestaltet werden. Aus unserer Sicht müssen die UN-Mitgliedsstaaten vor allem in drei Bereichen wesentlich ehrgeizigere Reformen der internationalen Finanzierungsarchitektur beschließen, als bislang im Elements Papier festgehalten:

  1. Internationale Besteuerung

Die FfD4-Konferenz kann mit der Unterstützung der Verhandlungen über eine UN-Steuerrahmenrechtskonvention dafür sorgen, weitreichende Reformen im Bereich der internationalen Steuerkooperation anzustoßen. Diese müssen dazu beitragen, dass die Länder im Globalen Süden mehr Steuereinnahmen für die Umsetzung der Agenda 2030 und die Abmilderung der Klimawandelfolgen haben. Im Elements Paper werden bislang Verbesserungen der nationalen Steuererhebung und Kapazitätsaufbau genannt. Hier ist positiv herauszuheben, dass die Staaten stärker auf progressive nationale Besteuerung setzen wollen. Aus unserer Sicht muss dies jedoch explizit um die Finanzierung von Geschlechtergerechtigkeit und der Menschenrechte ergänzt werden. Nicht ausreichend berücksichtigt werden im Elements Paper darüber hinaus Maßnahmen, die global eine umverteilende Wirkung haben und so zu weniger Ungleichheiten zwischen Staaten beitragen könnten. Ein zentrales Ergebnis von FfD4 muss aus Sicht von VENRO deshalb die Einführung einer internationalen Vermögenssteuer, insbesondere für Superreiche, sein. Ebenfalls erforderlich ist die Ausweitung der globalen Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne, die zukünftig zu einer international abgestimmten Gesamtkonzernsteuer für transnationale Unternehmen ausgeweitet werden muss.

  1. Globale Schuldenkrise

Mit Blick auf die Beendigung der globalen Schuldenkrise greifen die im Elements Paper enthaltenen Vorschläge zur Reform der Globalen Schuldenarchitektur deutlich zu kurz. Die anvisierte Erhöhung der Transparenz des G20 Common Framework ist unzureichend, um die Schuldenkrise zu beenden und den Ländern im Globalen Süden wieder mehr Mittel für soziale Grunddienste zur Verfügung zu stellen. Auch der vorgeschlagene neue Dienst zur Unterstützung der Schuldentragfähigkeit (Debt Sustainability Support Service, DSSS) betrachtet die Schuldenkrise weiterhin zuerst als Liquiditätsproblem und verkennt die strukturelle Dimension der Verschuldung der Länder im Globalen Süden.

Die angestrebte Einsetzung einer Expert_innengruppe zur Erarbeitung eines Modellgesetzes zur Einbeziehung privater Gläubiger in Restrukturierungen kann hingegen ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der nationalen Legislativen im Streit mit sogenannten „Geierfonds“ sein. Denn alle Staaten, auch die Bundesregierung, sollten private Gläubiger_innen gesetzlich dazu verpflichten, sich an multilateralen Schuldenrestrukturierungen zu beteiligen. Hinzu kommt, dass ein zwischenstaatlicher Prozess zur Überprüfung der Staatsschulden-Architektur als Grundlage für einen neuen völkerrechtlichen Mechanismus zur Schuldenrestrukturierung ein Schritt vorwärts sein kann, den Weg hin zu einem transparenten und unabhängigen Staateninsolvenzverfahren zu ebnen.

Die FfD4-Konferenz sollte das Ziel eines solchen inklusiven, rechtsverbindlichen Prozess vereinbaren – beispielsweise als Vorschlag für eine UN-Rahmenkonvention zu Staatsschulden. Schließlich sollten auch Schuldentragfähigkeitsanalysen unter dem Dach der Vereinten Nationen überarbeitet werden und dabei die Verwirklichung der Menschenrechte ins Zentrum rücken.

  1. Privatinvestitionen

Im Elements Papier wird die Bedeutung der Mobilisierung von privatem Kapital, auch durch die Nutzung öffentlicher Mittel, zur Finanzierung der Agenda 2030 unterstrichen. Unberücksichtigt bleiben dagegen erneut klare Verpflichtungen zur Regulierung von privaten Investitionen mit Blick auf menschenrechtliche und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten. Wesentlich ist deshalb, dass FfD4 die Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten durch Unternehmen unterstreicht, unter anderem durch die Unterstützung der Verhandlungen für einen völkerrechtsverbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten.

Darüber hinaus müssen bei der Förderung privatwirtschaftlicher Investitionen auch bi- und multilaterale Geber_innen die Einhaltung der Menschenrechte gewährleisten. Eine zu schaffende hochrangige UN-Expert_innen-Gruppe sollte deshalb die Auswirkungen von öffentlich-privaten Partnerschaften, Mischfinanzierungen und finanziellen Hebelinstrumenten im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte und eine nachhaltige Entwicklung sowie auf die fiskalische Situation in Ländern des globalen Südens untersuchen.

VENRO begleitet die FfD4-Verhandlungen aktiv weiter. Unsere Forderungen an die Bundesregierung finden Sie im VENRO-Standpunkt „Eine gerechte Finanzierung nachhaltiger Entwicklung“.

Für den Kalender zum Vormerken: Am 19. Februar 2025 richtet VENRO gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren aus Deutschland, Äthiopien, Brasilien und Indien die internationale Zivilgesellschaftliche Konferenz „Ambition and Momentum: Financing Sustainable Development for Global Justice“ zu zentralen Themen des Entwicklungsprozesses aus. Direkt vor der FfD4-Konferenz ist vom 28.-29. Juli 2025 ein internationales Zivilgesellschaftsforum in Sevilla geplant.


Dr. Klaus Schilder arbeitet bei unserer Mitgliedsorganisation Misereor und ist VENRO-Mandatsträger für das Thema Entwicklungsfinanzierung. Dr. Sonja Grigat ist Referentin im Bereich Globale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung in der VENRO-Geschäftsstelle.