Politik

HLPF 2017: Genderblindheit kennzeichnet den Fortschrittsbericht des UN-Generalsekretärs

Beim aktuell in New York tagenden High-level Political Forum on Sustainable Development wird deutlich: Die im Rahmen der Agenda 2030 beschlossene Verpflichtung zum Gender Mainstreaming ist den Vereinten Nationen keine Zeile wert.

Beim diesjährigen so genannten Hochrangigen Politischen Forum für Nachhaltige Entwicklung (HLPF) der Vereinten Nationen (UN) wird unter anderem die bisherige Umsetzung des Sustainable Development Goals (SDG) 5 überprüft. In diesem fünften Ziel für nachhaltige Entwicklung wird Geschlechtergleichstellung in neun Unterzielen ausgeführt. Hier und in weiteren neun SDG werden explizit Querbezüge zu anderen Themen geschaffen.

Das SDG 5 spricht nicht nur von Geschlechtergerechtigkeit und Gender Empowerment als Ziel an sich, sondern fordert auch das Gender Mainstreaming in allen anderen Zielumsetzungen. Diese Verpflichtung ist den UN keine Erwähnung wert. Der Zugang zu Wasser, Energie, besserer Infrastruktur, Innovation, nachhaltiger Stadtentwicklung, zu nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern haben trotz der Beschlussfassung der Agenda 2030 für die UN keine Genderdimension. Einige Beispiele:

So findet sich in der Ankündigung der Bilanz zur Umsetzung der UN-Agenda 2030 zu Ziel 1 (Ende der Armut) keine einzige Statistik und Bewertung – mit der Ausnahme, dass festgestellt wird, dass weltweit nur 41% der Frauen Leistungen während ihrer Schwangerschaft/Mutterschaft erhalten. Kein Wort zu der Feminisierung der Armut, kein Wort zur Lage der Frauen in Katastrophen. Dabei sind Frauen die Mehrheit der Armen und Katastrophenopfer.

Die Umsetzung von Ziel 2 – es geht um Ernährungssicherheit und Hungerbekämpfung – nennt nicht einmal die besondere Rolle der Frau in Bezug auf Probleme und Lösungen. Dabei unterstreicht selbst die Welternährungsorganisation FAO immer wieder die wichtige Rolle der Frau. Und die ärmsten Frauen leben in ländlichen Gebieten, 80% der Nahrungsmittelversorgung in Afrika südlich der Sahara und in Südasien liegen in den Händen der Frauen.

Unbegreifliche Vernachlässigungen seitens der UN

Frauengesundheit als Teil von Ziel 3 (Gesund leben) beschränkt sich auf Schwangerschaft und Mutterschaft. Dabei sterben mehr Frauen an den Folgen häuslicher Gewalt als an Krebs und Herzinfarkten oder Müttergesundheit.

Gute Bildung für alle (Ziel 4) scheint für die UN kein Genderthema zu sein. Dabei täuscht die gestiegene Einschulungsquote von Mädchen nicht nur über die Tatsache hinweg, dass es armutsbedingt weiterhin viele weibliche Schulabbrecherinnen in Afrika und Südasien gibt. Es wird nicht berücksichtigt, dass viele Mädchen wegen mangelnder Hygieneversorgung eine Woche im Monat fehlen und damit ihre Schulbildung gefährden.

Unbegreiflicherweise vernachlässigt die UN die Diskriminierung, Ungleichheit und Marginalisierung der Frauen weltweit. Frauen als Opfer von Gewalt in jeglicher Form werden erwähnt, die wirtschaftliche Marginalisierung wird auf die Frage von Frauen in Führungspositionen konzentriert.  Das Thema „Gute Arbeit“ auch für Frauen fehlt völlig. Immerhin wird die Tatsache der weiblichen Sorgearbeit problematisiert genauso wie der fehlende Zugang zu reproduktiven Gesundheitsdienstleistungen. Und: für mehr gleichberechtigte politische Macht von Frauen schlägt der Bericht immerhin Quoten vor.

Es bleibt zu hoffen, dass die Prüfung der Staatenberichte zu Ziel 5 den Finger auf die Wunde der Ungleichheit legt. Es sollte nicht vergessen werden: Niemand darf zurückgelassen werden. Auch und gerade nicht die Frauen dieser Welt.