Politik

COP25: Keine Zeit mehr für mutlose Klimapakete

Was wir brauchen, ist ein konkreter Fahrplan: Warum ein „Weiter so“ hochgefährlich ist und der klimapolitische Neustart jetzt kommen muss, erklärt unser AG-Sprecher Sven Harmeling.

Die Klimakrise fordert auf der ganzen Welt einen erheblichen Tribut: Die Zahl der Hungernden steigt, die Gletscher schmelzen mit Rekordgeschwindigkeit, klimabedingte Katastrophen werden immer häufiger und verheerender. Die Last des Klimawandels trifft vor allem die Ärmsten und Schwächsten, insbesondere Frauen und Mädchen. Millionen von Menschen gehen auf die Straßen, um effektive Klimaschutzmaßnahmen einzufordern. Als Reaktion darauf haben viele Parlamente und Kommunen den Klimanotstand ausgerufen.

All dies macht deutlich: Bei der vom 2. bis 13. Dezember 2019 stattfindenden UN-Weltklimakonferenz (COP25) in Madrid brauchen wir handfeste Ergebnisse, die Klimaschutz und Klimagerechtigkeit beschleunigen. Was heißt das konkret?

Klimaschäden sind Kernthema

Die Regierungen müssen auf der COP25 den Umgang mit nicht mehr vermeidbaren Klimaschäden und deren sozialen Folgen stärker in den Blick nehmen. Wetterextreme, die heutzutage häufiger geworden sind und stärker ausfallen, führen bereits jetzt zu großem menschlichem Leid. Der Umgang mit Loss and Damage – also Schäden und Verluste durch den Klimawandel – rückt angesichts der Grenzen von Anpassungsmaßnahmen zunehmend ins Zentrum der internationalen Debatten. Deutschland und die Europäische Union (EU), aber auch fossile Energiekonzerne, müssen nach dem Verursacherprinzip die Betroffenen beim Umgang mit Klimaschäden angemessen unterstützen und entschädigen. Insbesondere die Verletzlichsten – die Ärmsten, aber auch andere benachteiligte Gruppen wie Frauen, alte Menschen, Kinder, Menschen mit Behinderungen oder indigene Völker – sind hier zu berücksichtigen. Eine von der VENRO-Mitgliedsorganisation CARE und vielen anderen getragene Studie des CSO Equity Review-Netzwerkes hat ermittelt, dass bei einer fairen Betrachtung die USA und die EU für mehr als die Hälfte der zukünftigen Schäden in Entwicklungsländern infolge des Klimawandels aufzukommen hätten.

Das Hauptinstrument unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), der Warschau-Mechanismus zu Klimaschäden (WIM), wird auf der COP25 einer Überprüfung – dem sogenannten Review – unterzogen. Die Anliegen der Entwicklungsländergruppen wie den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries, LDCs), der Allianz kleiner Inselstaaten und der afrikanischen Gruppe müssen dabei im Vordergrund stehen. Auch Deutschland muss diese unterstützen.

Angesichts nicht ausreichender Finanzmittel sollte der WIM Vorschläge für zusätzliche Finanzierungsquellen und deren Verwendung beim Umgang mit Klimafolgen und -schäden erarbeiten. Ziel sollte es sein, ab 2022 jährlich zusätzliche 50 Milliarden US-Dollar aufzubringen. In der am 28. November verabschiedeten Resolution zur COP25 hat sich auch das EU-Parlament für zusätzliche öffentliche Finanzmittel unter dem Warschau-Mechanismus ausgesprochen.

Nicht zuletzt würde auch die Verabschiedung eines neuen, ambitionierten Aktionsplans zu Geschlechtergerechtigkeit in der Klimapolitik, der ebenfalls auf der COP25 verhandelt wird, für den Umgang mit Klimaschäden einen wichtigen Rahmen setzen.

Wir müssen endlich konsequent werden

Allein in Deutschland demonstrierten am 20. September 2019 über 1,4 Millionen Menschen gemeinsam mit der Fridays-for-Future-Bewegung für mehr Klimaschutz – zeitgleich zur Sitzung des Klimakabinetts. Dennoch blockierte die Bundesregierung mit ihren Beschlüssen am selben Tag erneut wesentliche strukturelle Veränderungen in der Klimapolitik und legte ein mutloses Paket vor, das in den nächsten fünf Jahren keinen ernsthaften Klimaschutz ermöglichen wird. Positiven Elemente, wie zum Beispiel die lange überfällige Verbindlichkeit der Klimaziele, werden durch einen zu zögerlichen Einstieg beim CO2-Preis, oder die unzureichenden Maßnahmen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, konterkariert.

Wir haben aber keine Zeit mehr, Gesetze erst langsam wirken zu lassen. Was Deutschland braucht, ist ein konkreter Fahrplan, mit dem die 2030-Klimaziele sicher erreicht werden bzw. auch deutlich übererfüllt werden können. Notwendig ist u.a. eine zügige, konsequente Umsetzung des Kohleausstiegs. Das gemeinsame Positionspapier von VENRO und der Klima-Allianz zeigt dafür detailliertere Wege auf.

G20-Staaten stehen besonders in der Verantwortung

Die von den Regierungen bisher vorgelegten nationalen Klimapläne unter dem Pariser Abkommen reichen bei weitem nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Sie machen sogar eine unweigerlich katastrophale Erwärmung um 3°C oder mehr wahrscheinlich. Im Rahmen des UN Climate Action Summits haben 66 Länder angekündigt, ihre jeweiligen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) ambitioniert zu überarbeiten. Insbesondere die G20-Staaten, die etwa 80 Prozent der Emissionen freisetzen, sind in der Pflicht: Sie müssen bei ihren nationalen Klimabeiträgen deutlich nachbessern, erneuerbare Energien stärker ausbauen und Subventionen für fossile Energien sowie deren Exploration beenden.

Die COP25 muss daher auch Beschlüsse fassen, die den Druck auf die großen Länder erhöhen. Diese müssen im nächsten Jahr Klimapläne einreichen, die die Lücke zu 1,5°C schließen. Der Klimaschutz darf zudem nicht durch eine schwache Ausgestaltung der Regeln unter Artikel 6 torpediert werden, die ebenfalls in Madrid auf dem Verhandlungstisch liegen. Sie sollen ermöglichen, Emissionsminderungen auf andere Staaten zu übertragen – und müssen auch höchsten ökologischen und sozialen Standards gerecht werden.


Das gemeinsame Positionspapier zur 25. Weltklimakonferenz von der Klima-Allianz Deutschland und VENRO finden Sie hier.