Politik

COP24: Regelbuch beschlossen, aber es braucht mehr politischen Willen

Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter von knapp 200 Ländern kamen vom 2. bis 15. Dezember 2018 in Katowice zum Weltklimagipfel COP24 zusammen, um  die Umsetzungsregeln für das Pariser Klimaabkommen von 2015 festzulegen. Dies ist ihnen trotz geopolitischen Schwierigkeiten und Sabotageversuchen aus dem Weißen Haus, Saudi-Arabien und Brasilien gelungen.

Das sog. Regelbuch umfasst 133 Seiten und gibt nun u.a. vor, wie die Länder zukünftig ihre nationalen Klimapläne (nationally determined contributions, NDCs) vorbereiten, über ihre Maßnahmen berichten und eine Überprüfung des kollektiven Fortschritts durchführen.

Dennoch zeigten nur wenige Länder tatsächlich den politischen Willen, auf den Notfall der Klimakrise mit mehr Ehrgeiz im Klimaschutz zu reagieren. Der 1,5°C-Bericht des Weltklimarats IPCC hatte zuvor deutlich gemacht, dass jedes vermiedene Zehntel Grad Erwärmung zählt und wir uns kein Zögern im Handeln erlauben können – denn die globalen Emissionen müssen innerhalb der nächsten zwölf Jahre halbiert werden.

Die Erwartungen an die Regierungen waren vor Katowice, dass sie

  • höhere Klimaschutzmaßnahmen vorantreiben und einen COP-Beschluss fassen, um ihre nationalen Klimapläne bis 2020 nachzubessern,
  • verlässliche und angemessene Finanzierung zur Unterstützung für Entwicklungsländer bereitstellen und
  • starke Regeln für das Pariser Abkommen beschließen.

Wurden diese Erwartungen erfüllt?

Die Länder einigten sich in Katowice auf ein umfassendes Regelwerk, das als solide technische Grundlage für die weltweite Umsetzung des Pariser Klimaabkommens dienen wird. In Bezug auf Transparenz, Leitlinien für die NDCs sowie die Berichterstattung samt globaler Bestandsaufnahme wurde eine Basis geschaffen, die gewährleisten kann, dass die Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen. Besonders erwähnenswert ist die Einigung auf einen gemeinsamen Transparenzrahmen, in dem Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer nach den gleichen Regeln berichten. Dies schafft Vergleichbarkeit der geleisteten Aktivitäten – vor allem im Klimaschutz. Für die alle fünf Jahre stattfindende globale Bestandsaufnahme (engl. global stocktake) wurde ein robuster Rahmen geschaffen, der globale Gerechtigkeit und beste verfügbare Wissenschaft berücksichtigt und die globalen Bemühungen an den Pariser Zielen misst. Allerdings verschoben die Länder die Beschlüsse zu Regeln für Marktmechanismen – wie etwa dem Emissionshandel – auf die nächste COP.

Die Staaten müssen sich jetzt verstärkt anstrengen, das jährliche 100-Milliarden-Dollar-Ziel der internationalen Klimafinanzierung bis 2020 zu erreichen. Deutschland hatte rechtzeitig zur COP24 die Verdopplung der Beiträge zum Green Climate Fund (GCF) angekündigt – so auch Norwegen. Ankündigungen weiterer Länder folgten aber bislang nicht. Dennoch summierten sich die dringend benötigten finanziellen Zusagen an den GCF, den Adaptation Fund (AF) und den Least Developed Countries Fund (LDCF) während der diesjährigen COP zum ersten Mal auf über 100 Millionen Dollar. Damit der Mangel an ausreichender Finanzierung nicht weiterhin das Vertrauen untergräbt, müssen wohlhabende Länder größere und verlässliche Summen anbieten, die das Vertrauen der Entwicklungsländer in die Umsetzung nationaler Klimapläne stärken. Hierfür ist der Wiederauffüllungsprozess des GCF im Jahr 2019 zentral. Auch muss die Finanzierung von klimabedingten Schäden und Verlusten Teil der Überprüfung des Warschauer Internationalen Mechanismus im Jahr 2019 sein.

Was muss jetzt folgen?

Zur tatsächlichen Abwendung der Klimakrise müssen alle Staaten nun jedoch deutlich mehr politischen Willen zur zügigen Umsetzung des Abkommens zeigen. Auf der COP24 hatten die Regierungen weitestgehend nicht den politischen Willen demonstriert, die Dringlichkeit der Klimakrise zu bekämpfen – trotz zunehmender Beweise aus den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. In einer Entscheidung haben die Länder allerdings immerhin bekräftigt, bis 2020 ihre nationalen Klimapläne neu vorzulegen. Dafür müssen die Delegierten jetzt in ihren Hauptstädten mit der ernsthaften Arbeit der nationalen Prozesse beginnen, um die Ambitionen bis 2020 zu erhöhen. Damit dies geschieht, wird UN-Generalsekretär Guterres im September 2019 zu einem Klimagipfel nach New York laden, wo die Staaten ihre klaren Nachbesserungen für 2020 vorlegen sollen. Für Deutschland bedeutet dies, dass die Kohlekommission Anfang des Jahres einen Ausstiegspfad beschließen muss, der mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist. Die Verkehrskommission muss die Weichen für eine echte Verkehrswende stellen und das Klimaschutzgesetz muss die notwendigen Maßnahmen, wie etwa einen CO2-Preis, festschreiben. Das würde dann auch die Erhöhung des unzureichenden europäischen Klimaziels für 2030 erlauben, so wie es Deutschland und die EU in Katowice im Rahmen der High Ambition Coalition zugesagt haben.

Somit reichen die Beschlüsse von Katowice insgesamt noch nicht, um die am stärksten vom Klimawandel Betroffenen zu schützen und zu unterstützen. Sie leiden schon heute unter den Auswirkungen des Klimawandels. Extremwetterereignisse, Stürme oder Dürren werden sich in Zukunft intensivieren und häufen. Aber auch der Umgang mit langsam einsetzenden Auswirkungen – wie dem Meeresspiegelanstieg oder der Versalzung der Böden – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Oftmals sind es die Ärmsten, die am verletzlichsten gegenüber diesen Ereignissen sind und deshalb Unterstützung benötigen. Ihren Schutz gegen künftige Auswirkungen des Klimawandels und klimabedingte Schäden und Verluste zu gewährleisten und den Schutz der Menschenrechte sicherzustellen, bleibt weiterhin eine anzugehende Aufgabe für die internationale Staatengemeinschaft.


Rixa Schwarz ist Teamleiterin Internationale Klimapolitik bei Germanwatch und Sprecherin der Arbeitsgruppe Klima bei VENRO.