Politik

Die VENRO-Strategie 2023-2028: Unser Beitrag zu einer global gerechten sozial-ökologischen Transformation

Die VENRO-Vorsitzenden Mathias Mogge und Martina Schaub auf der Mitgliederversammlung 2022

Die auf der Mitgliederversammlung verabschiedete neue VENRO-Strategie bildet den strategischen und inhaltlichen Rahmen für die Verbandsarbeit der Jahre 2023 bis 2028. Unsere Vorstandsvorsitzenden Martina Schaub und Mathias Mogge stellen die Strategie näher vor.

Die neue VENRO-Strategie 2023-2028 wurde auf unserer Mitgliederversammlung am 6. Dezember ohne Gegenstimme beschlossen und gibt nun den strategischen und inhaltlichen Rahmen für die zukünftige Verbandsarbeit vor. Im Laufe des einjährigen Entstehungsprozesses haben wir das politische Umfeld und die zentralen Herausforderungen unserer Arbeit gemeinsam analysiert. Wir diskutierten verbandsweit Prioritäten und Lösungsansätze und entwickelten neben den grundlegenden Oberzielen konkrete und messbare Jahresziele auf dem Weg zu einer global gerechten sozial-ökologischen Transformation. Wir möchten an dieser Stelle allen danken, die sich am Strategieprozess beteiligt haben. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die neuen Ziele unserer Arbeit und erörtern, wie diese den Verband auf die Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit ausrichten.

Bereits in der Gründungssatzung von VENRO ist Gerechtigkeit in der Einen Welt als zentrales Ziel unserer Arbeit verankert. Nach wie vor ist soziale, wirtschaftliche und politische Ungleichheit eine grundlegende Ursache für Armut, Hunger und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Daher wollen wir uns in den kommenden Jahren konkret für eine gendertransformative Teilhabegerechtigkeit einsetzen. Diese definiert sich nicht lediglich durch die Überwindung von struktureller und individueller Diskriminierung, sondern erfordert Geschlechtergerechtigkeit, Inklusion, die Umsetzung der Menschen- und Kinderrechte sowie einen umfassenden Zugang zu sozialen Grunddiensten. In der Debatte um eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik plädieren wir für eine machtkritische und intersektionale Perspektive und setzen uns für eine gerechte Machtverteilung ein, auch innerhalb unseres Verbands. Die Teilhabe der Partner_innen im Globalen Süden und die entwicklungspolitische Inlandsarbeit spielen in der Umsetzung dieses Ziels eine zentrale Rolle.

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat einen tiefgreifenden Einfluss auf den friedens- und sicherheitspolitischen Diskurs in Deutschland und Europa. Angesichts dessen droht eine politische Priorisierung militärischer Verteidigungsfähigkeit und Abschreckung. Auch im Hinblick auf die global zunehmenden Krisensituationen wird sich der Verband verstärkt für eine Verankerung von ziviler Krisenprävention und den Abbau struktureller Krisenursachen als prioritäre Methoden zur Wahrung von Frieden und Sicherheit einsetzen. Gegenüber politischen Entscheidungsträger_innen fordern wir ein ganzheitliches und ressortübergreifendes Vorgehen, welches menschliche Sicherheit als Richtschnur allen Handelns begreift und Verteilungs-, Teilhabe- und Klimagerechtigkeit herstellt.

Nichtsdestotrotz werden die globalen humanitären Bedarfe auf absehbare Zeit weiter ansteigen. Durch die verheerenden humanitären und entwicklungspolitischen Folgen bewaffneter Konflikte, globaler Wirtschafts- und Ernährungskrisen und häufiger werdender Klima- und Umweltkatastrophen erreichen die Zahlen vertriebener und auf humanitäre Hilfe angewiesener Menschen bereits heute neue Höchstwerte. Als Verband setzen wir uns daher für eine präventive und reaktive humanitäre Hilfe ein, die in sicheren und zugänglichen Räumen und gemäß des Do-No-Harm-Ansatzes wirksame Antworten auf humanitäre Herausforderungen findet, lokale Partnerorganisationen stärkt und besondere Rücksicht auf vulnerable Personengruppen nimmt.

Es gehört zum Grundverständnis unseres Verbands, dass eine global gerechte sozial-ökologische Transformation nicht ohne Veränderungen im Globalen Norden erreicht werden kann. Um der Bedeutung der Bildung für nachhaltige Entwicklung für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung Rechnung zu tragen, setzt sich VENRO in den nächsten Jahren besonders für eine ganzheitliche Stärkung der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit ein. Sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft möchten wir das Bewusstsein für globale Zusammenhänge fördern, für globale Machthierarchien sensibilisieren sowie Handlungs- und Engagementmöglichkeiten aufzeigen.

Uns ist es wichtig, dass entwicklungspolitische und humanitäre Nichtregierungsorganisationen ihre Anliegen ohne Beschränkungen verfolgen und ihre angestrebten Wirkungen bestmöglich erzielen können. Angesichts der zunehmenden Einschränkung zivilgesellschaftlicher Handlungsräume setzen wir uns gegenüber Politik und Verwaltung für den konsequenten Schutz und eine politische, rechtliche und finanzielle Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteur_innen im In- und Ausland ein. Ziel unserer Arbeit bleibt zudem, dass entwicklungspolitische und humanitäre zivilgesellschaftliche Organisationen in der Öffentlichkeit als wirkungsvolle und unverzichtbare Akteur_innen wahrgenommen werden.

Stärker als bisher werden wir uns zukünftig mit der rassistischen und kolonialen Prägung der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe auseinandersetzen. Wir wollen durch die machtkritische Auseinandersetzung mit Rassismus und Kolonialismus sowie dem traditionellen Entwicklungsbegriff einen Beitrag zur De-Kolonialisierung der globalen Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen leisten. Hierzu wird VENRO gemeinsam mit Partner_innen aus dem Globalen Süden den Diskurs zum Post-Kolonialismus verstärken, Maßnahmen zur Überwindung struktureller Ungleichheiten entwickeln und Diversität im Verband aktiv fördern.

Die verheerenden Konsequenzen der Klimakrise treffen vor allem viele Länder des Globalen Südens. Sie leiden bereits heute unter den irreversiblen Folgen der vorrangig vom globalen Norden verursachten Erderwärmung. Angesichts der mangelhaften Einhaltung des Pariser Klimaabkommens verankern wir den konsequenten Einsatz für eine 1,5-Grad-Politik und globale Klimagerechtigkeit sowie daran ausgerichtete Wirtschaftsprozesse als ein zentrales strategisches Ziel unserer Verbandsarbeit. Denn ohne eine effektive Bewältigung der Klimakrise ist unsere Vision einer gerechten, friedlichen und sowohl wirtschaftlich, ökologisch als auch sozial nachhaltigen Welt ohne Armut, Hunger und vermeidbare Krankheiten nicht zu erreichen.

Wir sind der Überzeugung, dass wir den Verband mit diesen Zielen strategisch gut auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen ausgerichtet haben. VENRO hat damit eine solide Grundlage, um in den kommenden sechs Jahren effektiv an der Verwirklichung unserer Vision zu arbeiten.


Martina Schaub und Mathias Mogge sind Vorstandsvorsitzende von VENRO.