Politik

Junges Engagement in globalen Zusammenhängen: Es bedarf einer neuen Förderlogik

Die UNESCO bezeichnet junge Menschen ausdrücklich als zentrale Gestalter_innen der sozial-ökologischen und ökonomischen Transformationsprozesse. Doch wie gelingt es, jungen Menschen mehr Raum für ehrenamtliche Tätigkeiten in Nichtregierungsorganisationen zu überlassen?

Die Beteiligung von jungen Menschen in politische Prozesse und die Einbindung in Themen, die sie persönlich betreffen, wurde 2021 in den Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition aufgenommen und in der Jugendstrategie der Bundesregierung weiterentwickelt und verankert. Neben der Stärkung der politischen Teilhabe ist Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ein zentrales Element, um Menschen generationenübergreifend zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen und auf dem Weg einer sozial-ökologischen Transformation mitzunehmen.

BNE trägt damit zur Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) bei, welche 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, um weltweit für weniger Ungleichheit einzutreten. Sozial-ökologische und ökonomische Transformationsprozesse brauchen neben Bildungs- und Informationsgestaltung durch Multiplikator_innen auch dauerhafte Strategien für die Teilhabe und Beteiligung junger Menschen, um die Prozesse gesamtgesellschaftlich voranzubringen. Engagement in globalen Zusammenhängen öffnet einerseits Lernräume und andererseits bietet es jungen Menschen die Möglichkeit, die Gesellschaft, in der sie leben, zukunftsfähig zu gestalten.

Für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen“, so lautet die Handlungsmaxime im UNESCO-Programm BNE2030 und verweist auf die Notwendigkeit wirksamer Mitgestaltung der Jugend bei der Umsetzung von BNE und der Agenda 2030. Junge Menschen werden damit ausdrücklich nicht nur als Zielgruppe, sondern als zentrale Gestalter_innen der Transformationsprozesse benannt.

Welche Rahmenbedingungen müssen für Junges Engagement geschaffen werden?

Um Nichtregierungsorganisationen (NRO) in diesem Prozess zu unterstützen, arbeitet VENRO an Informationsmaterialien für zukunftsfähige und gelingende Engagementarbeit in globalen Zusammenhängen. Dafür gilt es, die Engagementstrukturen gendergerecht, diskriminierungssensibel, rassismuskritisch, nachhaltig und machtkritisch zu gestalten.

Der Engagementbereich steht vor einigen Fragen: Wie lassen sich neue Zielgruppen gewinnen? Welche Veränderungen können dabei helfen, dem Nachwuchsmangel zu begegnen? Welche Rahmenbedingungen müssen für Junges Engagement geschaffen werden? Welche Engagementstrukturen braucht es und wie gestalten wir Engagementangebote, damit sie generationenübergreifend Anklang finden?

VENRO hat diese Fragen zunächst in einem Austausch- und Vernetzungsworkshop besprochen und gemeinsam mit Multiplikator_innen aus dem Engagementbereich nach Bedingungen für gelingendes Engagement junger Menschen gesucht. Mit einleitenden Wortbeiträgen von der Servicestelle Jugendbeteiligung – einem Mitglied des Plan-Jugendbeirats von Plan International Deutschland –, einer Vertreterin des Organisationsteams der youcoN und dem Internationalen Jugendnetzwerk Peer-Leader-International e.V. wurde anschließend im Open Space angeregt diskutiert.

Um Junges Engagement dauerhaft in Organisationen zu integrieren und zu begleiten, braucht es hauptamtliches Personal, welches diesen Bereich koordiniert und langfristig betreut –  somit werden dauerhafte Strukturen geschaffen, in denen sich junge Menschen auch kurzfristig engagieren können. Es braucht konkrete und zeitlich flexible Angebote mit einem klaren und sinnvollen Output für die Engagierten. Für junge Engagierte sind stabile und gleichzeitig flexible Strukturen notwendige Voraussetzungen. Oft herrscht jedoch eine finanzielle und personelle Ressourcenknappheit, um solche Strukturen schaffen zu können.

Jungen Menschen müssen Themen und Maßnahmen selbstständig setzen können

Eine wiederkehrende Herausforderung für die Gestaltung von partizipativen Beteiligungsformaten und gleichberechtigten Gestaltungsprozessen für junge Menschen ist die Projektlogik der finanziellen Förderung, welche wenig Raum für spontane Ideen und flexible Maßnahmen lässt. Projekte werden so geschrieben, dass die konkreten Vorhaben – also die Themen und die Indikatoren, die bestimmen, ob ein Projekt erfolgreich war oder nicht – bereits feststehen. Diese Struktur erschwert die freie Gestaltung und Teilhabe junger Menschen in der entwicklungspolitischen Engagementarbeit.

Zu diesem Schluss kamen auch die Teilnehmenden des Vernetzungstreffen Junges Engagement, die sich im September 2022 in Hannover mit den Fragen beschäftigen, welches Profil junges entwicklungspolitisches Engagement braucht und wie sich Strukturen ändern müssen, damit der Engagementbereich gestärkt wird. Auf dem Treffen wurde deutlich: Es braucht eine Anpassung der Förderlogik für Junges Engagement, welche vor allem den jungen Menschen einen Raum überlässt, Themen und Maßnahmen selbstständig zu setzten. Es braucht Rahmenbedingungen, die mehr als Nachwuchsförderung zulassen und einen Abbau bürokratischer Hürden, um Jugendpartizipation zu steigern.

VENRO wird sich in Zukunft weiter mit Strategien für gelingende Beteiligung junger Menschen in Nichtregierungsorganisationen auseinandersetzen und sich für funktionale Rahmenbedingungen einsetzen.