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„We make the road by walking“- Mehr Effizienz durch systematisches Wissensmanagement

Ein Wanderweg in Patagonien

Wissensmanagement sollte ein selbstverständlicher Teil der alltäglichen Arbeit in NRO sein: Denn durch den bewussten und systematischen Umgang mit Wissen kann diese wertvolle Ressource in eine produktive Leistung für die Organisation umgewandelt werden.

In meiner Freizeit gehe ich gerne Wandern. Ob im ruhigen Berliner Umland oder in den fernen Anden: Hauptsache raus in die Natur und Neues entdecken. Was dabei neben bequemen Schuhen und Proviant nicht fehlen darf, sind eine Wanderkarte und ein Ziel.

Was hat nun Wandern mit Wissensmanagement zu tun, fragen Sie sich? Auch zum Wandern bedarf es Wissen – und zwar verschiedener Arten. Dazu später mehr.

Im Rahmen des VENRO-Projekts Partnerschaft für Qualität und Wirksamkeit haben wir uns mit dem Thema Wissensmanagement in NRO beschäftigt. In zwei Fortbildungen und einem Webinar standen insbesondere die Bedeutung für NRO und die Vermittlung praxisbezogener Instrumente zur Erfahrungsaufarbeitung und zur Sicherung von Wissen einzelner Mitarbeiter_innen im Mittelpunkt der Veranstaltungen.

Was ist Wissensmanagement und wozu dient es?

Bei Wissensmanagement geht es ganz allgemein formuliert um das systematische Generieren und Anwenden von Wissen sowie die verständliche Aufbereitung und Weitergabe an andere. Wir beschäftigen uns also mit dem Erwerb, der Entwicklung, dem Transfer, der Speicherung sowie der Nutzung von Wissen.

Ziel ist es, Wissen in eine produktive Leistung für die Organisation umzuwandeln. Dafür müssen zunächst einmal möglichst viele Erfahrungen und Kenntnisse explizit und für alle zugänglich gemacht werden. Durch Projekterfahrungen und den strukturierten und bewussten Umgang mit der Ressource Wissen können NRO ihre Arbeit systematisch und zukunftsorientiert weiterentwickeln. Die hierfür benötigte Zeit sollte dabei konsequent miteingeplant werden: Insbesondere im Projektmanagement fehlt häufig die Zeit für intensive Reflektionen, denn die nächste Projektphase bzw. das nächste Projekt steht bereits an.

Auch besteht im Rahmen von Neueinstellungen von Mitarbeiter_innen und Positionswechseln innerhalb der Organisationen die Gefahr, bereits akkumuliertes Wissen zu verlieren. Insbesondere in gemeinnützigen Organisationen sind die Mitarbeitenden der Dreh-und Angelpunkt für ein erfolgreiches Wissensmanagement – sie bringen nicht nur wichtige Erfahrungen ein, sondern eignen sich im Laufe ihrer Anstellung auch sehr viele Kenntnisse an und werden zu essentiellen Wissensträger_innen. Angesichts politischer, sozialer, personeller und finanzieller Veränderungen sollte Wissensmanagement im Sinne der Qualitätssicherung ein selbstverständlicher Teil der alltäglichen Arbeit in NRO sein.

Kenntnisse Einzelner für alle verfügbar machen

Wissen ist immer von der Praxis, Anwendung und dem ganz speziellen, eigenen Kontext abhängig. Es entsteht erst durch die Anwendung von Information oder Datensammlungen. In der Theorie gibt es zwei Arten von Wissen:

Mit explizitem Wissen („knowing what“) ist deklaratives, kognitives Wissen, Fakten- und Theoriewissen gemeint. Es ist größtenteils gut verbalisier- und dokumentierbar. An unserem Beispiel des Wanderns stellt die Wanderkarte mit ihren Informationen und Daten – im besten Fall detailliert und aktuell – das dokumentierte explizite Wissen dar.

Bei implizitem- oder Erfahrungswissen („knowing how“) handelt es sich dagegen um stark verinnerlichtes, prozedurales und operatives Wissen, das oft nur schwer verbalisier- und dokumentierbar ist. Dieses “Wissen, wie zu handeln ist“ basiert stark auf Personen und Teams und ist sehr kontextabhängig. Es wird somit durch konkretes Handeln erworben und beruht auf eigener Erfahrung. So habe ich etwa durch viele verschiedene Wanderungen einen reichen Erfahrungsschatz gesammelt  – etwa wie viel Zeit ich für eine bestimmte Strecke unter bestimmten Bedingungen brauche. Durch mein bereits gewonnenes Wissen teile ich mir meine Wegstrecke und meine Kräfte in Etappen ein und habe entsprechend Proviant eingeplant.

Erfahrungswissen ist sehr wichtig für das Funktionieren und die Weiterentwicklung von entwicklungspolitischen Organisationen. Daher besteht eine Herausforderung für NRO darin, diese Ressource der einzelnen Mitarbeiter_innen für die gesamte Organisation verfügbar zu machen.

NRO können sich durch Erfahrungswissen weiterentwickeln

NRO sind durch implizites Wissen geprägt. Mitarbeiter_innen sind essentielle Wissensträger_innen und aus Sicht des Wissensmanagements die wertvollste Ressource der Organisation. Die Mehrheit der Tätigkeiten von NRO beruht auf dem Erfahrungswissen und den Kompetenzen der Angestellten. Aus diesem Grund ist eine auf diese Ressource ausgerichtete Wissensmanagementstrategie wichtig, denn gut angewandt sichert sie Erfahrungen. Die Organisation hat somit die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Durch eine Systematisierung kann der Schatz an Erfahrungswissen, der innerhalb von Teams und Organisationen angesammelt wird, „angezapft“, analysiert und dokumentiert werden. Denn nur so kann man dieses Wissen in neue Projekte einbeziehen und mit anderen teilen.

Für eine Systematisierung sind regelmäßige (Prozess-) Reflexionen notwendig. Um beim Wandern zu prüfen, ob ich mich noch auf dem richtigen Weg zu meinem Ziel befinde, schaue ich mich immer wieder um, bleibe hin und wieder stehen, um zu erkennen, wo ich gerade stehe und konsultiere meine Wegbeschreibung.

Auch Fehler können lehrreich sein: Viele unserer Teilnehmenden appellierten statt „blame and shame“ dafür, eine positivere Fehlerkultur in den NRO zu kultivieren. Um bei unserem Beispiel zu bleiben, ist es manchmal durchaus notwendig, einige Schritte zurück zu gehen. Ab und an laufe ich einen Umweg und biege falsch ab oder lasse mich von der schönen Umgebung ablenken – aber nur so sehe ich auch unterschiedliche Perspektiven auf meinen Pfaden. Frühzeitig die Richtung oder das Tempo zu ändern hat mich bisher vor größeren Irrwegen bewahrt. Problematisch wurde es nur einmal – aber Dank eines lokalen Wissensträgers, der mich ein Stück begleitete und mich mit einer detaillierten Beschreibung lotste, kam ich wieder auf den richtigen Weg.

Fazit

Für NRO bietet Wissensmanagement eine gute Möglichkeit, größere Effektivität und Effizienz zu erreichen und den Verlust von Wissen gering zu halten. Wissensmanagement sollte daher integraler Bestandteil des Arbeitsalltags und der Kooperation in NRO sein und keine separierte Aufgabe. Insbesondere Erfahrungswissen, das bei den Mitarbeiter_innen der NRO liegt, ist eine wertvolle Ressource, die systematischer gepflegt, genutzt und eingesetzt werden muss.

Um Wissensmanagement in NRO effektiv umzusetzen, sollten vier Punkte besondere Beachtung finden:

  1. Verständnis für die Bedeutung und den Nutzen von Wissensmanagement für NRO aufbauen
  2. Die notwendigen Ressourcen einplanen (Zeit, Personal, Tools)
  3. Zu regelmäßigen Reflektionen animieren
  4. Eine positivere Fehlerkultur einführen

Es gibt viele Methoden, um Wissen zu teilen – die 2-5-1 Storytelling-Methode stellen wir Ihnen hier vor. Ein Handbuch zur Systematisierung von Erfahrungen sowie ein Good-Practice-Beispiel für diese Methode finden Sie auf der Internetseite von Horizont 3000.

Um auf dem oft langen, steinigen und manchmal sehr steilen Weg in Richtung eines effektiven Wissensmanagements zu bleiben, ist es grundlegend, ein Verständnis für die Notwendigkeit und den Nutzen in Ihrer Organisation zu verankern. Vielleicht hilft zur Motivation die Erfahrung, dass der Weg zum Ziel selber oft schön ist und mit Sicherheit einige gute Aussichtspunkte für Sie bereithält.


Weitere Hinweise:

Wir bieten zu diesem Thema regelmäßig Webinare und Fortbildungen an. Die konkreten Termine sowie unser gesamtes Fortbildungsangebot finden Sie auf der VENRO-Webseite unter der Rubrik Service. Die Termine werden fortlaufend aktualisiert.