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UN-Zukunftspakt: Wird die Veränderung ungerechter globaler Machtverhältnisse gelingen?

Aufsteller auf dem Summit of the Future in New York

Der auf dem UN-Zukunftsgipfel verabschiedete Zukunftspakt bietet einige Anknüpfungspunkte für globale Gerechtigkeit. Wie wegweisend der Pact for the Future tatsächlich ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen: VENRO-Bereichsleiterin Anke Kurat war in New York vor Ort zeigt den Weg vom gerade beendeten Summit of the Future bis zur Entwicklungsfinanzierungskonferenz im kommenden Jahr auf.

In Zeiten zunehmender globaler Spannungen ist es besonders wichtig, multilaterale Prozesse zu stärken, um die Themen Menschenrechte, Ungleichheit, Armut und Hunger, Frieden, Klimawandel, und Beteiligung der Zivilgesellschaft in den Vordergrund zu rücken.

Der Zukunftspakt, der am 22. September 2024 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) in New York verabschiedet wurde, kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, auch wenn er in weiten Teilen einen Minimalkonsens der UN-Mitglieder darstellt. Die Staaten müssen das Ambitionsniveau beispielsweise mit Blick auf die Internationale Entwicklungsfinanzierungskonferenz und die Verhandlungen zur UN-Steuerrahmenkonvention deutlich erhöhen, wenn sie die Agenda 2030-Ziele zumindest teilweise noch erreichen wollen.

Insgesamt umfasst die Vereinbarung 56 Aktionen und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Arbeit von VENRO und seiner Partner und Mitgliedsorganisationen (vgl. Tabelle mit positiven Beispielen am Ende des Artikels). Als VENRO waren wir mit drei Partnerplattformen aus Brasilien, Indien und Äthiopien vor Ort, nahmen gemeinsam an den Aktionstagen teil und verfolgten die Gipfelverhandlungen mit Spannung.

Bei dem Pakt ging es auch darum, einen wegweisenden politischen Rahmen für die Veränderung der globalen Finanzarchitektur und der damit verbundenen globalen Machtverhältnisse zu setzen. Konkret stehen jetzt die Hamburg Sustainability Conference (HSC) am 7. und 8. Oktober sowie die 4. Internationale Entwicklungsfinanzierungskonferenz vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 im spanischen Sevilla an. Welche Rolle spielen die beiden internationalen Treffen und was erwarten wir von Ihnen?

HSC: Kontroversen diskutieren und Kompromisse ausloten

Die Hamburg Sustainability Conference ist ein neues, jährliches hochrangiges Format, um Nachhaltigkeitsthemen international Nachdruck zu verleihen. Unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzlers wird die Konferenz gemeinsam vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem UN-Entwicklungsprogramm UNDP, der Michael Otto Stiftung und der Stadt Hamburg ausgerichtet.

Es gibt sowohl offene als auch geschlossene Formate. Vor allem die Vereinbarungen des Zukunftspakts bieten die Gelegenheit, Kontroversen weiter zu diskutieren und politischen Konsens für weiterführende Reformen auszuloten. In den Gesprächen geht es auch darum, das Vertrauen zwischen den Akteur_innen und Ländern zu stärken. Viele Reformdiskussionen finden bei der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds IWF oder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) statt und schließen oft ärmere Länder aus.

Die Anmeldung zur Konferenz verzeichnet mehr als 1.600 Teilnehmer_innen – eine beachtliche Zahl. Trotzdem gilt es, dem Format zu mehr internationaler Geltung zu verhelfen, wenn es den selbst gesteckten Ansprüchen gerecht werden soll. Daher sollte die Rolle der HSC kritisch reflektiert sowie die transparente Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteur_innen einladender gestaltet werden.

VENRO ist bei der Konferenz Mitveranstalter des Future Talks zum Thema gerechte und faire Finanzarchitektur. Hier diskutieren wir die Frage, was „gerechte“ und „faire“ Institutionen der globalen Entwicklungsfinanzierung für die verschiedenen Akteur_innen, Regierungen, Länder und Regionen bedeuten und wie progressive Reformen gelingen können, die vor allem den ärmsten Ländern notwendige finanzielle Mittel für ihre nachhaltige Entwicklung einbringen. Zudem fragen wir, wie die G7- und G20-Prozesse stärker mit UN-Verhandlungen verbunden werden können. Für uns als zivilgesellschaftliche Vertreter_innen steht auch die Frage im Vordergrund, was wir dazu beitragen können.

Die Diskussionsergebnisse der HSC können Brücken zur 4. Entwicklungsfinanzierungskonferenz schlagen. Beschlüsse werden nicht gefasst, das liegt zu Recht im Rahmen der UN-Prozesse.

Entwicklungsfinanzierungskonferenz: Ankündigungen in Beschlüsse umwandeln

Ob es gelingen wird, die globalen Machtverhältnisse langfristig zu verändern, wird sich im nächsten Jahr auf der 4. Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Sevilla zeigen. Ziel ist es, die vagen Ankündigungen des Zukunftspakts in ambitionierte Beschlüsse umzuwandeln. Die Konferenz soll die Mobilisierung zusätzlicher Mittel fördern, um die enormen Finanzierungslücken bei den nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDG) zu schließen und demokratischere Strukturen in der internationalen Finanzarchitektur zu schaffen. An wesentlichen Stellen muss der politische Wille gelingen, über die vagen Ankündigungen im Zukunftspakt hinauszugehen.

  • Schuldenkrise: Die im Zukunftspakt vorgesehene Überprüfung der Schuldenarchitektur unter der Leitung des IWF sollte in einen multilateralen Entschuldungsmechanismus unter dem UN-Dach münden, der alle Gläubiger_innen – einschließlich privater und multilateraler – erfasst.
  • Reform des IWF und der Weltbank: Die Einrichtung eines zwischenstaatlichen UN-Prozesses zur Überprüfung und Umgestaltung dieser Institutionen wäre notwendig, um deren Entscheidungsstrukturen integrativer, transparenter und demokratischer zu gestalten.
  • Internationale Besteuerung: Bis 2026 sollte die UN-Rahmenkonvention für internationale Besteuerung abgeschlossen werden, um die nationalen Steueraufkommen in ärmeren Ländern zu erhöhen. Dazu gehören auch die Einführung von Vermögenssteuern für Superreiche sowie effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung durch transnationale Unternehmen und wohlhabende Individuen.

Um die Impulse des Zukunftspakts in den kommenden Monaten voranzubringen, sind transparente Verhandlungen und das Vertrauen der UN-Mitglieder sowie ein substantieller Einbezug zivilgesellschaftlicher Akteur_innen erforderlich. Erfreulicherweise unterstützen weltweit viele Menschen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft den Pakt und möchten seine Umsetzung vorantreiben.