Politik

Bundeshaushaltsentwurf 2019: Gemischte Signale für die Zivilgesellschaft

Jana Rosenboom, Haushaltsexpertin von VENRO, bewertet den Haushaltsentwurf für 2019. Sie kritisiert, dass die Mittel für die Zivilgesellschaft wie für die Humanitäre Hilfe stagnieren.

Kurz vor der Sommerpause hat es die Regierung gleich mit zwei Haushaltsjahren zu tun. Der Haushalt für dieses Jahr konnte aufgrund  der sich verzögernden Regierungsbildung erst im Juli verabschiedet werden. Regulär legt das Kabinett zu diesem Zeitpunkt bereits den Entwurf für das kommende Haushaltsjahr fest. Nach dem Kabinettsentwurf für 2019 sollen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) leicht steigen, und zwar um 283 Millionen Euro auf insgesamt 9,7 Milliarden Euro. Dazu sagt der VENRO-Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst in einer aktuellen Pressemitteilung: „Der Bedarf an Mitteln in der Entwicklungszusammenarbeit ist riesig – eine Steigerung von nur 284 Millionen Euro ist daher bei weitem nicht ausreichend“.

Insbesondere der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommt der Anstieg der Mittel zugute, da die bilateralen Ausgaben von 4,4 Milliarden Euro auf 4,56 Milliarden Euro erhöht werden sollen. Zugleich richtet das BMZ eine vierte Sonderinitiative für Ausbildung und Beschäftigung ein, die mit 90 Millionen Euro ausgestattet werden soll. Dass es dabei vor allem um sogenannte Fluchtursachenbekämpfung geht, lässt sich aus einem aktuellen Zitat von Martin Jäger entnehmen, BMZ-Staatssekretär und Aufsichtsratsvorsitzender der GIZ: „Die Bundesregierung investiert gezielt in Zukunftsperspektiven vor Ort, vor allem in Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. Denn wer ein sicheres Auskommen hat, kann auch in seiner Heimat bleiben“, so Jäger in einer Pressemitteilung der GIZ vom Juli.

Zugleich steigen auch die Beiträge an multilaterale Institutionen wie die Europäische Entwicklungszusammenarbeit und die Vereinten Nationen leicht an – und zwar von 1,89 Milliarden Euro auf 1,92 Milliarden Euro. Auch die Zahlungen an die multilateralen Entwicklungsbanken werden von insgesamt 878 Millionen Euro auf 930 Millionen Euro erhöht.

Förderung der Zivilgesellschaft stagniert

Dagegen stagniert die Förderung der Zivilgesellschaft auf ganzer Linie. Das ist erstaunlich, weil das Parlament die Rolle der Zivilgesellschaft im gerade verabschiedeten Haushalt 2018 aufgewertet hat. Hier scheinen sich Regierung und Parlament nicht einig zu sein, wo sie die zukünftige Rolle der Zivilgesellschaft sehen. Sonja Steffen, Mitglied des Bundestages und für die SPD für den BMZ-Etat verantwortlich, erläutert in einem Statement, warum sie eine Förderung für wichtig hält: „Große und kleine Nichtregierungsorganisationen arbeiten vor Ort meistens mit lokalen Partnern. Sie kennen die Probleme und Bedürfnisse der Menschen ganz genau und leisten effektiv Hilfe zur Selbsthilfe. Es war mir deshalb sehr wichtig, diesen Bereich weiter zu stärken.“ Im Entwurf für 2019 soll von den zivilgesellschaftlichen Titeln nur die „kommunale Entwicklungszusammenarbeit“ um weitere fünf Millionen Euro auf 25 Millionen Euro anwachsen. Die dazugehörigen Maßnahmen werden allerdings in erster Linie von der BMZ-eigenen gGmbH Engagement Global umgesetzt. Enttäuschend ist auch, dass Mittel für die Entwicklungspolitische Bildung und für die Sozialstrukturträger sogar gekürzt werden sollen. Die Koalition sendet auch hier ein widersprüchliches Signal, denn noch im Koalitionsvertrag vom März 2018 hatte sie das Gegenteil versprochen. Dort steht explizit: „Ferner erhöhen wir die Mittel für die entwicklungspolitische Bildung im Inland.“ Davon ist bislang nichts zu sehen.

Schließlich steht auch Positives für die Zivilgesellschaft im Kabinettsentwurf: Anstatt der Barmittel steigen für die meisten der zivilgesellschaftlichen Fördertitel wenigstens die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen an. Sie ermöglichen eine Mittelzusage über das Jahr 2019 hinaus. Erst das erlaubt eine langfristige und damit partizipative Projektplanung und ist damit das A und O nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit.

Falsche Signale bei Humanitärer Hilfe und Krisenprävention

Fatal ist zudem, was im Etat des Auswärtigen Amts für die Humanitäre Hilfe vorgesehen wird. Die Mittel dafür sollen bei 1,5 Milliarden Euro stagnieren und die Verpflichtungsermächtigungen sogar um 125 Millionen Euro gekürzt werden. Auch die Mittel für die Krisenprävention sollen um 50 Millionen auf 300 Millionen Euro reduziert werden. Aus unserer Sicht ist das ein völlig falsches Signal. VENRO hatte sich in seiner Stellungnahme zum 2018er-Haushalt explizit dafür ausgesprochen, die Verpflichtungsermächtigungen für Projekte der Humanitären Hilfe auszuweiten.

1:1-Kopplung EZ und Verteidigungsausgaben nicht erwähnt

Was noch am aktuellen Kabinettsentwurf auffällt: Es ist nichts mehr von der sogenannten 1:1-Kopplung zu lesen. Steigerungen bei den Verteidigungsausgaben sollten auf diese Weise mit Steigerungen in der Entwicklungszusammenarbeit verknüpft werden – so wurde es im Koalitionsvertrag formuliert. Stattdessen werden beide Etats unabhängig voneinander erhöht. Im aktuellen Kabinettsentwurf steht dazu: „Zukünftige finanzielle Haushaltsspielräume werden entsprechend der Koalitionsvereinbarung auch dazu genutzt, die Verteidigungsausgaben sowie die Mittel für Krisenprävention, Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit weiter zu erhöhen.“ Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung setzt sich auch VENRO dafür ein, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit deutlich zu steigern.