Politik

„Alles fing an mit einer kleinen Anzeige in der Hamburger Morgenpost“

Als Sprecherin des Arbeitskreises Lachendorf der Kindernothilfe engagiert sich Gabriele dafür, dass Kinder in Ländern des globalen Südens ein selbstbestimmtes Leben ohne Not, Armut und Gewalt führen können. Auf Veranstaltungen und Märkten sensibilisiert sie für die extrem schwierigen Lebensumstände der Kinder. Im Interview erklärt sie, weshalb sie vor 50 Jahren ehrenamtlich aktiv wurde und sich bis heute bei der Kindernothilfe engagiert.

Gabriele, warum engagierst Du Dich ehrenamtlich?

Während eines Benefizkonzertes für die Kindernothilfe hat mir ein Reporter einer überregionalen Zeitung die gleiche Frage gestellt, warum ich das mache, warum ich mich so engagiere. Ich antwortete: „Kinder und Jugendliche sollen sehen, wie es anderen Menschen gehen kann, sie sollen über den Tellerrand gucken, sich engagieren, Zivilcourage zeigen! Sie sind die nächste Generation, die Verantwortung für unsere Welt tragen wird!“

Schon früh bin ich damit aufgewachsen, dass man von dem, was man hat, anderen etwas abgibt. Bis heute hat sich an meiner Einstellung nichts geändert. Ich möchte meine Kraft dafür einsetzen, dass es den Menschen, die Unterstützung brauchen, besser geht und sie ein selbstbestimmtes Leben ohne Armut, Not und Gewalt führen können. Dabei denke ich besonders an die Kinder und Jugendlichen, die im Erkennen und Leben ihrer Rechte die Möglichkeit haben, ihre Zukunft selbst mitzugestalten.

Welche Aufgaben übernimmst Du in Deinem jetzigen Ehrenamt?

 Unser Arbeitskreis hat sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen zu sensibilisieren für die extrem schwierigen Lebensumstände, unter denen Kinder und Jugendliche oft in ärmeren Ländern aufwachsen müssen. Auf Dorffesten und Basaren bieten wir Malen und Basteln für die Kleinen und Geschicklichkeitsspiele für die größeren Kinder an. Dabei ergibt sich für mich immer wieder die Möglichkeit für Gespräche und Diskussionen mit den Eltern und der Nachbarschaft. Aber auch im Rahmen von Vorträgen an Schulen – besonders nach Projektreisen –, bei Benefizkonzerten, in gemeinsamen Gottesdiensten und bei sportlichen Sponsorenveranstaltungen nutze ich die Möglichkeit, auf die Situation der Kinder in Entwicklungsländern aufmerksam zu machen.

Wie bist Du zu Deinem Engagement gekommen?

 Angefangen hat alles im November 1973 mit einer kleinen Anzeige in der „Hamburger Morgenpost“: „Pateneltern für Waisenkinder in Indien gesucht!“. Kurz darauf, im Frühjahr 1974, konnte ich die erste Patenschaft übernehmen. 1989 hatte ich die Möglichkeit, mit einer kleinen Gruppe unserer Kirchengemeinde eine Projektreise nach Südafrika zu unternehmen. Unter welchen Umständen die schwarze Bevölkerung damals zur Zeit der Apartheid leben musste, war unbeschreiblich. Unter dem Eindruck dieser Reise engagierte ich mich zunehmend für die Kindernothilfe. Aus einer anfänglichen Bastelgruppe für Märkte entstand unser „Arbeitskreis Lachendorf“, ein lebendiger Kreis aus alt und jung, in dem immer Platz für neue Ideen ist und Raum bleibt für Gedanken und Diskussionen.

Welche Herausforderungen siehst Du im ehrenamtlichen Engagement?

 Ohne Frage bedeutet Ehrenamt Arbeit, sich einzusetzen ohne die Überlegung, was man selbst dafür zurückbekommt, sich für etwas zu engagieren, von dem man überzeugt ist. Und manchmal gehört auch etwas Mut dazu, die eigenen Ansichten und Motivationen darzustellen, möglicherweise auch gegen andere Meinungen. Ehrenamtliches Engagement kann daher sehr erfüllend sein, aber auch emotional bindend und damit viel Zeit und Kraft verbrauchen. Sich selbst gegenüber, aber auch im Team sollte man ehrlich sein und die eigenen Grenzen erkennen. Diese gemeinsame Arbeit innerhalb des Teams verbindet, gibt Kraft, weiterzumachen und macht anderen gleichzeitig Mut, sich selbst auch ehrenamtlich zu engagieren.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft des Engagements?

 Ehrenamtliche Tätigkeit findet in der Öffentlichkeit eine hohe Wertschätzung, dennoch halte ich es für wichtig, auch bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für diese Arbeit zu wecken. Es wäre aus meiner Sicht gut, ihnen bereits im Grundschulalter, später als Jugendliche ehrenamtliches Engagement nahe zu bringen, sie neugierig darauf zu machen und sie zur Mitarbeit zu motivieren. Sie sollten dabei viel Unterstützung und Anerkennung von Erwachsenen erhalten. Junge Menschen können oft großartige Ideen entwickeln, wir als Erwachsene sollten sie nicht dabei behindern, sondern ihren Einsatz fördern und wertschätzen.


Ehrenamtliches Engagement ist eine starke und wertvolle Stütze unserer Gesellschaft. Es wirkt lokal, aber auch global – nicht nur, wenn es um Entwicklungszusammenarbeit geht. Die Schaffung eines Bewusstseins dafür, dass es Sinn macht, solidarisch zu sein, sich für Gerechtigkeit und eine nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft einzusetzen, bringt uns einer Welt näher, die allen Menschen eine bessere und sichere Zukunft ermöglicht. Mit der Blogserie „Eine-Welt-Engagement“, in der Menschen über ihren Einsatz für globale Gerechtigkeit berichten, möchte VENRO den Engagierten zu mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung verhelfen und auf die immense Bedeutung von ehrenamtlichem Engagement hinweisen.

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„Ich möchte versuchen, die Welt ein Stückchen besser zu machen“ (Franziska, Oxfam-Shop)

„Die Politiknähe und die spannenden Menschen machen das Engagement so charmant“ (Ratin, Globale Bildungskampagne)

„Ich wünsche mir bessere Austauschmöglichkeiten für Freiwillige“ (Esthela, Erd-Charta-Netzwerk)